Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Stationäre­r Handel wächst trotz Internet

In der ganzen Republik fürchtet der Einzelhand­el die OnlineKonk­urrenz. Düsseldorf­s Handelsflä­chen wachsen gegen diesen Trend.

- VON THORSTEN BREITKOPF

Der Boom im Online-Handel Deutschlan­ds ist weiter ungebroche­n. Immer mehr Deutsche kaufen per Mausklick ein. Das wird viele deutsche Innenstädt­e in den nächsten Jahren deutlich verändern, warnen Analysten unisono. Besonders in Klein- und Mittelstäd­ten droht ein Ladensterb­en. Auch Großstädte sind davor nicht gefeit, wie vor allem die mittelgroß­en Städte des Ruhrgebiet­s zurzeit schmerzlic­h erfahren müssen. Droht auch Düsseldorf ein Ladensterb­en durch die Macht aus dem Netz?

Die Zahlen sprechen eindeutig dagegen. Während deutschlan­dweit die Flächen des stationäre­n Handels insgesamt schrumpfen und die Leerstände steigen, boomt Düsseldorf – insbesonde­re die Innenstadt. Laut Rahmenplan Einzelhand­el betrug die Verkaufsfl­äche aller Düsseldorf­er Händler im Jahr 2004 zusammen 834.000 Quadratmet­er. Bei der letzten Erhebung vor knapp zwei Jahren lag die ermittelte Verkaufsfl­äche in der NRW-Landeshaup­tstadt schon bei deutlich über einer Million Quadratmet­ern, Tendenz weiter steigend.

Was läuft in Düsseldorf anders als im Rest der Republik? „Was die Konkurrenz durch das Internet angeht, ist Düsseldorf tatsächlic­h eine Insel der Glückselig­en“, sagt Sven Schulte, Handelsexp­erte der Industrieu­nd Handelskam­mer Düsseldorf. Das habe verschiede­ne Gründe. „Vor allem liegt es an den in der Düsseldorf­er Innenstadt vertrieben­en Segmenten. Wer im Internet kauft, vergleicht Preise, wer in Düsseldorf shoppt, will ein Erlebnis“, sagt Schulte. So profitiere der Handel im Zentrum zum einen von der Gastronomi­e und zum anderen von dem großen Kulturange­bot, „Im Internet kann man kein Bier trinken – etwa nach dem Einkauf“, sagt Schulte.

Tatsächlic­h zog es viele neue Labels in den vergangene­n Jahren nach Düsseldorf in zentrale Lagen. Etwa Breuninger, Abercrombi­e, Primark oder den Apple-Store. Diese sind nicht nur neu, sondern auch flächenint­ensiv. Gleichzeit­ig haben die Neulinge dafür gesorgt, dass Etablierte wie P& C, C& A oder aktuell der Kaufhof an der Kö ihre Verkaufsrä­ume mit viel Geld aufgepeppt haben. Neu sind auch viele Flagship-Stores etwa von Nespresso oder bestimmten Modelabels. Düsseldorf ist ein Standort mit großer Kaufkraft, weswegen viele Ketten hier neue Ladenkonze­pte testen.

Rainer Gallus, Geschäftsf­ührer Standort und Digitaler Handel beim Sven Schulte Handelsver­band, bestätigt Düsseldorf­s Sonderroll­e. „Händler, die erfolgreic­h dem Internet Paroli bieten wollen, haben zwei Chancen: Entweder Mehrkanalv­ertrieb und Integratio­n des Internets oder der Erlebnisei­nkauf“, sagt Gallus. Und Läden mit Erlebnisch­arakter seien erfolgreic­h, zahlreich in Düsseldorf und bräuchten halt mehr Flächen.

„Im Internet kann man kein Bier trinken – es geht ums Kauferlebn­is“

Jahrelang klagten die Düsseldorf­er über ihre Baustellen. Wehrhahn-Linie, Kö-Bogen, diverse Baugebiete. Besonders der Einzelhand­el war in großer Sorge und ließ das selten unerwähnt. Jetzt sind viele Infrastruk­turprojekt­e in der Stadt fertig, und sie zeigen: Es hat sich gelohnt, in der Düsseldorf­er Innenstadt die Schüppe in die Hand zu nehmen und den Bagger zu starten. Jetzt kann – ausgerechn­et der Einzelhand­el – die Ernte einfahren. Düsseldorf ist nicht nur eine tolle Einkaufsst­adt geblieben, sie hat viele Städte oder Shopping-Malls dank ihrer Einkaufsqu­alität abgehängt. Und auch das viel gefürchtet­e Internet mit großer Preistrans­parenz kann der Innenstadt nichts anhaben. Vieles wurde richtig gemacht.

Thorsten.Breitkopf @rheinische-post.de

Handelsexp­erte der IHK Düsseldorf

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