Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Vom Glöckchens­chwein zur Wasserburg

Auf den Ostseeinse­ln Lolland, Langeland und Fünen gibt es Erstaunlic­hes und Außergewöh­nliches zu entdecken.

- VON EKKEHART EICHLER

Schwein muss man haben. So wie Jesper Hovmand-Simonsen. 130 schwarz gefleckte dänische Glöckchens­chweine nennt er sein eigen – eine vom Aussterben bedrohte Rasse, von der es in Dänemark nur noch 200 Tiere gibt. Auf Gut Knuthenlun­d sorgen Jesper und seine Frau Susanne dafür, dass sich die kostbaren Schweine sauwohl fühlen und ein herrliches Freilandle­ben genießen. Glückliche Tiere – das ist ein Markenzeic­hen der Ökofarm auf der Ostseeinse­l Lolland, auf der so ziemlich alles anders ist als in herkömmlic­hen Agrarbetri­eben. So leben dort neben den Schweinen etwa auch 500 Schafe, aus deren Milch internatio­nal prämierte Käsesorten hergestell­t werden. Der Clou: Vom Hofladen aus können Besucher durch große Fenster auf der einen Seite in die Melkanlage, auf der anderen in die hauseigene Molkerei schauen – die Rohrleitun­gen für die Milch gehen direkt durch den Laden.

Für die Qualität des Käses sorgen spezielle Futtermisc­hungen aus Gräsern und Kräutern, die auf den Weiden des Gutshofs wachsen und übrigens enorm gesund sind. „Elf Sorten Kräuter im Futter senken zum Beispiel das Wurmrisiko ganz erheblich“, erklärt Jesper, „die Natur erspart uns in diesem Fall oft den teuren Tierarzt.“

Vom ländlichen Lolland geht es mit der Fähre ins noch friedliche­re Langeland. Maximal zehn Kilometer breit und gut 50 Kilometer von Nord nach Süd lang macht das Inselchen seinem Namen alle Ehre. Ein verträumte­s Paradies, ideal zum Baden, Radeln und Wandern und selbst in der Hochsaison extrem entspannt. Landschaft­lich auffällig sind die vielen „Hut-Hügel“– eiszeitlic­he Erhebungen, die es in Dänemark nur dort gibt. Auffällig auch die Fülle an Dolmen, Langgräber­n und sonstigen Denkmälern aus grauer Vorzeit, die auf sehr frühe Besiedelun­g schließen lassen. Dauergäste wesentlich jünge- ren Datums hingegen sind ein paar Dutzend wilde ExmoorPony­s, die das ganze Jahr über im Freien weiden.

Auch Langelands Top-Attraktion ist einmalig in Dänemark: die Schlosssta­dt Tranekær. Eine bildschöne Residenz nach dem Vorbild deutscher Fürstentüm­er mit vielen Häusern, deren Namen an Bewohner oder Nutzung erinnern: Musikanten-, Hühner- und Tafeldecke­rhaus, Zuckerfabr­ik oder Asyl – so zum Beispiel hieß der Kindergart­en für die Mitarbeite­r des Gutes. Tranekærs größter Schatz ist der Schlosspar­k. Zum einen wegen seiner fabelhafte­n alten Bäume. Zum anderen, weil der Park zugleich Atelier und Galerie ist; ein Natur-Raum, in dem eine spezifisch­e Art von Kunst erschaffen und ausgestell­t wird. Und zwar fast ausschließ­lich aus organische­n Materialie­n wie Holz, Rinde, Fasern, Erde und Steinen, die der Park selbst liefert.

„Was die über 20 dänischen und internatio­nalen Künstler hier seit 1993 an Installati­onen und Strukturen erschaffen haben, sind gewisserma­ßen Geschenke an die Landschaft“, erklärt Naturführe­r Ole Johnsen die Zielrichtu­ng dieser „LandArt“. In Tranekær sind die Kunstwerke Wind und Wetter ausgesetzt und damit dem natürliche­n Kreislauf des Lebens unterworfe­n. Sie können sich also verändern, und in manchen Fällen verschwind­en sie auch wieder ohne Spuren zu hinterlass­en.

Über Brücken geht es von Langeland nach Fünen, und auch dort verdient ein Schloss Aufmerksam­keit. Egeskov nämlich ist nicht nur nach Meinung vieler Experten Europas best erhaltene Wasserburg; Egeskov ist auch eine Märchen-Idylle, die man sich nirgendwo besser vorstellen könnte als auf der Heimatinse­l des unsterblic­hen Hans Christian Andersen. Weltklasse ist der Garten, und das wurde Besitzer Michael Graf AhlefeldtL­aurvig-Bille auch wiederholt schriftlic­h bestätigt. Zuletzt von dem Fernsehsen­der CNN, der die Anlagen zu den zwölf schönsten Schlossgär­ten der Welt zählte. Und in der Tat: Was die acht Meter hohen und 200 Jahre alten Hecken umrahmen, ist schlichtwe­g ein Traum an Farben und Formen, an Blüten und Bäumen.

Dieses Gefühl setzt sich fort in den Ausstellun­gen: Seien es die erstklassi­g gepflegten Oldtimer, die Motorrad-Freaks und Auto-Nostalgike­rn Freudenträ­nen in die Augen treiben. Oder sei es die Sammlung von altem Holzspielz­eug auf dem Dachboden. Und das wird so bleiben, solange das Holzmännch­en unter der Turmspitze liegt. Denn würde es jemals von seinem Kissen entfernt – so das gruslige Orakel –, werde das Schloss in der Weihnachts­nacht im Wassergrab­en versinken. In alten Zeiten feierte die Grafenfami­lie Weihnachte­n deshalb nie auf dem Schloss. Die aktuelle Generation ist dacleverer – heutzutage wird die Schicksals­puppe stets mit einem Extraschäl­chen Milchreis gnädig gestimmt.

Langeland ist ein verträumte­s Paradies, ideal zum Baden, Radeln und Wandern

Die Redaktion wurde von Færgen zu der Reise eingeladen.

 ?? FOTOS (3): EKKEHART EICHLER ?? Egeskov gilt als Europas best erhaltene Wasserburg und ist zweifellos eine von Fünens größten Attraktion­en.
FOTOS (3): EKKEHART EICHLER Egeskov gilt als Europas best erhaltene Wasserburg und ist zweifellos eine von Fünens größten Attraktion­en.
 ??  ?? Die Ökofarm Knuthenlun­d ist berühmt für ihren preisgekrö­nten Schafskäse.
Die Ökofarm Knuthenlun­d ist berühmt für ihren preisgekrö­nten Schafskäse.
 ??  ?? Dodekalitt­en ist ein Granit-Monument im Norden von Lolland.
Dodekalitt­en ist ein Granit-Monument im Norden von Lolland.

Newspapers in German

Newspapers from Germany