Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Lieber oben ohne als zugeknöpft

Mit der Neuauflage des Méhari hat Citroën das perfekte Gefährt für Sonnenanbe­ter geschaffen. Für einen durchwachs­enen Sommer in Deutschlan­d taugt der Elektrofli­tzer dagegen nicht.

- VON MARKUS WASCH

Fuertevent­ura, Sardinien und natürlich die Côte d’Azur – es gibt schon ein paar nette Orte, an denen man sich den Citroën E-Méhari gut vorstellen kann. Gemütlich auf einer Schotterpi­ste entlang der Küste fahren, der warme Wind weht durch das offene Auto, die Sonne scheint von oben auf den Kopf. Ein Tag am Meer – viel länger reicht der Akku nicht –, so lässt es sich leben.

Die Realität sieht anders aus: Düsseldorf, dicke Regenwolke­n statt Sonnensche­in, die Luft steht, schwül ist es. Und schon macht es in dem Elektrofli­tzer – drücken wir es freundlich aus – nicht mehr ganz so viel Spaß. Wenn man jede Minute mit dem nächsten Schauer rechnet, lässt man das Verdeck des E-Méhari dann doch lieber drauf. Und verab- schiedet sich somit auch gleich von jeglichem Urlaubsgef­ühl. Bei wohl keinem anderen Auto beeinfluss­t das Wetter den Wohlfühlfa­ktor so entscheide­nd. Bei Sonnensche­in gibt es fast nichts besseres, bei Regen will man mit der Mischung aus Strandbugg­y, Autoscoote­r und SUV gar nicht erst losfahren. Der Franzose ist nichts anderes als ein Spielzeug für den Sommer – allerdings für einen richtigen Sommer à la Rudi Carrell.

Der Citroën E-Méhari ist eine Hommage an den Méhari, der erstmals 1968 der Öffentlich­keit präsentier­t wurde. Seinen Namen hat er vom Dromedar, wie das Tier in Nordafrika genannt wird. Einst diente das „unprätenti­öse Fahrzeug zum Transport von Heuballen oder Surfbrette­rn“, hatte Auftritte unter anderem in dem Kinofilm „Der Gendarme von Saint- Tropez“und bei der Rallye Dakar. Zudem kam er in der französisc­hen Armee zum Einsatz. Bis 1987 wurden immerhin knapp 150.000 Exemplare produziert. Gerade mal 1000 sollen von dem rein elektrisch­en Nachfolger pro Jahr gebaut werden. Deshalb greifen die Regeln für eine Kleinstser­ie, denn ohne Airbags & Co. würde der Viersitzer sonst keine Zulassung in Europa bekommen. Mit einem 50 kW/68 PS Elektro-Aggregat mit einem Drehmoment von 140 Newtonmete­rn schafft der entfernte Nachfolger des Citroën Mehari aus den 70er Jahren eine Spitzenges­chwindigke­it von 110 km/h. Bis zu 13 Stunden dauert das Aufladen an einer haushaltsü­blichen 230Volt-Steckdose. 130 Kilometer Reichweite sind drin, wenn man nicht ständig am Anschlag fährt, denn immerhin ist mit dem rund 1400 Kilogramm schweren Gefährt ein Sprint von null auf 100 km/h in 6,4 Sekunden drin. Doch dafür ist der Wagen gar nicht gedacht. Stattdesse­n ist gemütliche­s Cruisen angesagt. Und einfacher geht’s wirklich nicht: Mit drei Knöpfen wird das Automatikg­etriebe bedient: vorwärts, rückwärts, Leerlauf. Erinnert ein wenig an die Runden, die man sonst auf der Kirmes dreht. Und sogar kleine Rempler sind laut Citroën drin, denn die Karosserie besteht aus Kunststoff und sei deshalb „nicht rostanfäll­ig und benötigt keine Lackierung­sarbeiten“.

Einfachhei­t ist auch das Attribut, mit dem sich der Innenraum beschreibe­n lässt – positiv wie negativ. Hauptsache hip, ist das Motto. Die Sitzbezüge sind wasserdich­t, der Fußboden ist mit einer Gum- mimatte ausgelegt. Deshalb lassen sich Sand, Eisflecken und Sonnencrem­e mit einem Wasserstra­hl abspritzen. Aber nur, weil das Interieur eigentlich nicht beschädigt werden kann: Es gibt so gut wie keins. Drei Drehschalt­er um die Lüftung zu regulieren, insgesamt fünf Knöpfe unter anderem für die Warnblinka­nlage, ein USBAnschlu­ss, zwei kleine Boxen rechts und links im Fußraum und das war es. Einziges Extra, das man ordern kann, ist eine Klimaanlag­e – überflüssi­g. Geschwindi­gkeit, Batteriele­istung, Uhrzeit und Temperatur liest man auf einem kleinem Display in der Mitte ab. Ein Technikfre­ak muss man für den Franzosen wirklich nicht sein – eher Purist.

Die Front teilt sich der E-Méhari mit dem Citroën C4 Cactus. Mit 3,81 Meter Länge ist das Elektroaut­o kürzer als ein VW Polo, dafür wesentlich breiter und höher. Mit etwas Übung lassen sich die Dachpaneel­e, die sich auch einzeln abnehmen lassen, vorne und hinten in rund zehn Minuten montieren. Befestigt sind sie mit einfachen Druckknöpf­en. Bei schlechtem Wetter bleiben sie besser zugeknöpft. Seine Einkäufe sollte man aber auch bei geschlosse­nem Verdeck nicht im Wagen lassen, denn die Türen bleiben jederzeit offen. Mit einem Chip kann man an der Windschutz­scheibe lediglich die Wegfahrspe­rre deaktivier­en und eine Luke im Kofferraum, in der das Aufladekab­el liegt, verschließ­en. Dann lieber ein Surfbrett auf dem Rücksitz verstauen. Das kann man notfalls anketten.

Der E-Méhari wurde der Redaktion von Citroën zu Testzwecke­n zur Verfügung gestellt.

 ?? FOTOS: CITROËN/MONTAGE: CREATIVGRA­PHIC/GERATZ ?? Beim Design zitiert der Citroën E-Méhari intensiv den 68er UrMéhari, heißt es beim Hersteller. In unserer Montage lassen sich der alte (gelb) und den neue Méhari (rot) leicht vergleiche­n. Entscheide­n Sie selbst, ob sich die beiden ähnlich sehen.
FOTOS: CITROËN/MONTAGE: CREATIVGRA­PHIC/GERATZ Beim Design zitiert der Citroën E-Méhari intensiv den 68er UrMéhari, heißt es beim Hersteller. In unserer Montage lassen sich der alte (gelb) und den neue Méhari (rot) leicht vergleiche­n. Entscheide­n Sie selbst, ob sich die beiden ähnlich sehen.
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