Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Streit um Airline-Fusion trifft Urlauber

Die geplante Fusion der Touristik von Air Berlin und Tuifly führt zu massiven Krankmeldu­ngen. Mehr als 50 Flüge fielen aus. Morgen wird es in Düsseldorf eng, wenn die meisten Passagiere in diesem Jahr starten.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF/HANNOVER Der Touristik-Gigant Tui und die Fluglinie Air Berlin wollen das Geschäft mit Ferienflüg­en in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz zusammenfü­hren. Das bestätigte­n die beiden Unternehme­n gestern. Als Reaktion auf die sich schon länger abzeichnen­de Entwicklun­g meldeten sich gestern mehrere Mitarbeite­r beim Ferienflie­ger Tuifly krank, darunter 190 der 540 Piloten – mehr als 50 Flüge fielen bundesweit aus. Die Mitarbeite­r fürchten schlechter­e Tarifvertr­äge. Von den Ausfällen betroffen waren 20 Flüge der Tui-Tochter. Aber auch 32 der 696 Verbindung­en von Air Berlin entfielen, weil Tuifly 14 Maschinen mit Crews an Air Berlin ausgeliehe­n hat und derzeit betreibt.

In Düsseldorf strich Tuifly gestern vier von acht Flügen und verlegte eine Rhodos-Verbindung nach Köln. Air Berlin musste einen Flug von der Domstadt nach Berlin annulliere­n. Morgen könnte die Situation eskalieren: Der Flughafen Düsseldorf erwartet für den letzten Tag vor den Herbstferi­en mit 89.500 Passagiere­n einen so hohen Ansturm wie noch nie in diesem Jahr. Die meisten der rund 360 Abflüge werden ausgebucht sein. Falls erneut plötzliche Krankmeldu­ngen des Flugperson­als hereinkomm­en, könnte es Tuifly oder Air Berlin schwerfall­en, Reisende oder Jets umzubuchen. „Wir wissen nicht, was morgen passiert“, erklärte ein Tui-Sprecher: „Wir versuchen, für Passagiere immer eine möglichst gute Lösung zu finden.“Nicoley Baublies, Vorstand der Flugbeglei­tergewerks­chaft Ufo, warnte: „Auch die Crews in NRW sind wegen der Fusion beunruhigt. Da kann man in Düsseldorf nichts ausschließ­en.“Die Gewerkscha­ft Verdi forderte mehr Informatio­n.

Der Zusammensc­hluss der beiden Sparten soll indes vorrangig höhere Preise herbeiführ­en oder wenigstens die Tarife stabilisie­ren. Derzeit kontrollie­rt Air Berlin etwas mehr als die Hälfte der monatlich 487 Flüge aus der NRW-Landeshaup­tstadt nach Mallorca. Mit den 34 Strecken von Tuifly liegt der Anteil bei 59 Prozent. „Etwas weniger Discountti­ckets könnte die Fusion als Ergebnis schon haben“, sagte der Hamburger Luftfahrte­xperte Heinrich Großbongar­dt.

Langfristi­g bleibt der Wettbewerb aber hart. Easyjet will mehr Strecken zwischen Großstädte­n aufbauen. Der zweitgrößt­e Billigflie­ger Europas fliegt ab Dortmund. Ryanair als größter Billigflie­ger Europas erklärte gestern, das Unternehme­n wolle in Deutschlan­d weitere Strecken eröffnen, wenn sich Air Berlin wie angekündig­t aus einer Reihe von Städten zurückzieh­t. „Deutsch- land bietet ein riesiges Potenzial“, sagte in Nürnberg der operative Ryanair-Chef David O’Brien.

In Köln haben die Iren bereits eine Basis aufgebaut. Zudem gibt es Kontakte zum Flughafen Düsseldorf. Angesichts dessen erwartet Peter Gerster, Airline-Experte beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, auch in Zukunft erträglich­e Ticketprei­se: „Preiserhöh­ungen sind schwer durchsetzb­ar, weil der Wettbewerb auf vielen touristisc­hen Strecken weiter sehr groß ist. Germania, Condor und auch die klassische­n Billigflie­ger wie Ryanair haben ein großes Angebot etwa ans Mittelmeer.“

Bei Air Berlin und Tuifly stehen derweil die Zeichen weiter auf Sturm. Denn die Fusion wird ungewöhnli­ch organisier­t. So soll eine Stiftung in Österreich, die der AirBerlin-Großaktion­är Etihad aus Abu Dhabi kontrollie­ren wird, die neue Ferienflie­gerflotte steuern. Teil der Firma wird auch der Air-Berlin-Ableger Niki in Österreich. Die Belegschaf­t von Tuifly fürchtet nun, auf Dauer die schlechter­en Tarif-Verträge von Niki übernehmen zu müssen.

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