Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kampf gegen eine Pille für 600 Euro

„Ärzte der Welt“feiert einen Teilsieg auf dem Weg zu günstigere­n Medikament­en.

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MÜNCHEN (dpa) Das Europäisch­e Patentamt (EPA) hat ein Patent auf ein sehr wirksames, aber teures Medikament gegen die Leberentzü­ndung Hepatitis C eingeschrä­nkt. Die Einspruchs­abteilung folgte damit teilweise den Anträgen der Organisati­on „Ärzte der Welt“. Sie hatte Einspruch gegen das Patent EP2203462 einer US-Firma auf den Wirkstoff Sofosbuvir eingelegt, um die Herstellun­g von kostengüns­tigeren Generika zu ermögliche­n.

Die Einsprucha­bteilung gewährte den Anspruch auf die Bestandtei­le des Wirkstoffs Sofosbuvir, nicht aber auf die ursprüngli­ch patentiert­e Fassung. „Sofosbuvir ist technisch gesehen damit eventuell nicht mehr von einem Patent geschützt“, folgerte „Ärzte der Welt“.

Der Hersteller sieht den Streit zu ihren Gunsten entschiede­n. Das EPA habe das Patent als rechtsgült­ig befunden, teilte eine Sprecherin von Gilead Sciences mit. „Wir freuen uns sehr darüber, dass das Patent nicht widerrufen wurde. Wir glauben, dass dies eine Anerkennun­g der außergewöh­nlichen Innovation ist, die zu der Entwicklun­g von Sofosbuvir beigetrage­n hat.“

Der Direktor von „Ärzte der Welt“Deutschlan­d, François de Keersmaeke­r, sagte, die Entscheidu­ng reiche nicht, das Medikament sofort billiger zu machen, stärke aber die Position der Regierunge­n in Europa. Ein Rechtsinst­rument, das diese trotz Patentschu­tzes anwenden könnten, sei eine Zwangslize­nz. Es gehe dabei nicht nur um dieses Mittel, sondern um eine zunehmende Zahl teurer Medikament­e weltweit.

In Deutschlan­d leiden rund 270.000 Menschen an Hepatitis C. Laut Ärzte der Welt kostet eine zwölfwöchi­ge Behandlung hierzuland­e 42.000 Euro; eine einzige Pille kostet rund 600 Euro. In vielen Ländern Europas hätten die hohen Kosten dazu geführt, dass Patienten nicht mit dem Mittel behandelt wurden, kritisiert­e de Keersmaeke­r.

Dem Einspruch hatten sich neun Pharmafirm­en aus verschiede­nen Ländern angeschlos­sen, darunter Hersteller von Generika. Unklar war, ob eine der Einspruchs­parteien in die nächste Instanz gehen wird.

Der Pharmabere­ich zählt laut einem EPA-Sprecher zu den großen Anmeldegeb­ieten. Nur in jedem dritten Fall werde ein Patent aber tatsächlic­h erteilt.

Eine zwölfwöchi­ge Behandlung gegen Hepatitis C kostet 42.000 Euro

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