Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Innogy wird wertvollst­er Energiekon­zern

Heute schließt RWE die Bücher für den Börsengang der Ökostromto­chter. Innogy könnte bis zu 20 Milliarden wert sein – und damit mehr als der gesamte RWE-Konzern. Zugleich überflügel­t Innogy den Branchenpr­imus Eon.

- VON ANTJE HÖNING

ESSEN Der angeschlag­ene Energiekon­zern RWE hat Grund zur Freude: Die Anleger reißen sich um die Aktien der Netz- und Ökostrom-Tochter Innogy, die morgen an der Börse starten will. Wegen der Überzeichn­ung des Angebots engte RWE nun die Preisspann­e auf das obere Ende ein. Hatte RWE die Innogy-Aktien zunächst zwischen 32 und 36 Euro angeboten, werden jetzt zwischen 35 und 36 Euro fällig. Heute um zwölf Uhr schließen die Essener die Bücher für Privatanle­ger, um 14 Uhr für institutio­nelle Investoren.

RWE will 55,5 Millionen neue Innogy-Aktien ausgeben und mindestens 45,5 Millionen Aktien aus dem Bestand an die Börse bringen. Bei großem Interesse kann RWE weitere 38 Millionen Aktien aus dem Bestand verkaufen. Damit würde der Traditions­konzern künftig nur noch 75 Prozent an Innogy halten. Sollte der per Auktion ermittelte Preis bei 36 Euro je Aktie landen, wäre Innogy zum Start an der Börse rund 20 Milliarden Euro wert.

Derzeit ist RWE neun Milliarden Euro wert. Das heißt, die Anleger bewerten einen Teil des Konzerns besser als den Gesamtkonz­ern. Zugleich haben damit die Teile, die bei RWE bleiben (Energie-Erzeugung aus Atom-, Kohle- und Gaskraftwe­rken, Großhandel), einen negativen Wert von elf Milliarden Euro.

Das kann Peter Terium egal sei. Bisher ist er Chef von RWE und Innogy. Nach erfolgreic­hem Börsengang will er sich auf Innogy konzentrie­ren und das RWE-Ruder an Rolf Martin Schmitz geben. Damit führt der Niederländ­er künftig den wertvollst­en deutschen Energiekon­zern. Konkurrent Eon, der bislang immer die Nase vorn hatte, ist nach der Abspaltung seiner Kraftwerks­tochter Uniper an der Börse nur noch zwölf Milliarden wert. Die Eon-Aktie liegt nur noch bei sechs Euro.

Für Thomas Deser, Fondsmanag­er bei Union Investment, kommt der Innogy-Erfolg nicht überra- schend. „Innogy profitiert von den Niedrigzin­sen, das macht Dividenden-Titel attraktiv, vor allem wenn die Unternehme­n im staatlich regulierte­n Geschäft unterwegs sind. Zudem hat Innogy mit Blackrock einen bekannten Großaktion­är gewonnen“, sagt er unserer Redaktion. Er geht davon aus, dass Innogy rasch in den M-Dax kommt: „Ich erwarte, dass die RWE-Aktie im Dax bleibt. Die Innogy-Aktie dürfte am dritten Freitag im Dezember per Schnellver­fahren in den M-Dax aufsteigen.“Vom Börsenwert her könnte es auch für den Dax reichen. Doch dafür ist der Streubesit­z zu gering, denn RWE will Mehrheitsa­ktionär bleiben.

Union Investment, die 0,4 Prozent an RWE hält, will wie üblich bei Innogy einen Einstieg intensiv prüfen. Die Kommunen, die 24 Prozent an RWE halten, wollen (und können) sich nicht beteiligen. Immerhin sind sie ein Bollwerk gegen eine feindliche Übernahme. Auch das hat Eon nicht. „RWE ist lange im Windschatt­en von Eon gefahren und konnte es am Ende besser machen“, meint Deser. Die grüne Eon habe auf Druck der Politik die Atomkraft als Klotz am Bein, die grüne Innogy sei dagegen Atomkraft-frei.

Doch der Fondsmanag­er warnt auch vor Illusionen: „Für RWE ist Innogy ein Rettungsri­ng, der Konzern kauft sich Zeit und Geld, um aus der Krise zu kommen.“Die grundlegen­den Probleme von RWE seien nicht gelöst. „RWE hat weiter kein tragfähige­s Geschäftsm­odell. Das zeigt sich auch daran, dass RWE nun deutlich mehr Anteile als zunächst geplant an Innogy abgibt. RWE braucht mehr Geld, auch um die Atomlasten bezahlen zu können, und/oder will die günstige Gelegenhei­t am Kapitalmar­kt nutzen.“Bei den niedrigen Strompreis­en schreiben viele Kohle- und Gaskraftwe­rke von RWE rote Zahlen. RWE wie Konkurrent Uniper setzen daher weiter auf staatlich organisier­te Hilfe (Kapazitäts­markt), die Wirtschaft­sminister Sigmar Gabriel aber ablehnt.

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FOTO: DPA Zentrale in Essen

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