Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Entsetzen über Angriff an der Kirche

Nach dem Besuch von St. Lambertus ist eine über 80-jährige Frau angegriffe­n und sexuell missbrauch­t worden. Bewohner des Stadtteils berichten, dass die Lage in den vergangene­n Jahren schlimmer geworden ist.

- VON C. HERRENDORF­UND T. NEUMANN

Die Bewohner des kleinen Viertels rund um die Lambertusk­irche sind geschockt vom Vorfall des vergangene­n Sonntags – und erzählen, dass ihre Angst in jüngster Zeit merklich gewachsen ist. Der Angriff auf eine über 80-Jährige (das genaue Alter wird aus Gründen des Opferschut­zes nicht genannt) ist nach Angaben der Bewohner der traurige Höhepunkt einer allgemeine­n bitteren Entwicklun­g. „Wir schränken uns stark ein: Wir gehen extra früher nach Hause, damit es nicht spät wird. Und nach 20 Uhr gehen wir nicht mehr raus“, sagen Rosemarie und Hubert Michalik, die seit mehr als 50 Jahren gegenüber der Lambertusk­irche wohnen. „Vor zehn Jahren war die Lage noch anders, es wird jedes Jahr brutaler“, sagt Anwohnerin Antje Wilken, die oft mit ihrem Hund im Viertel unterwegs ist. Stadtdecha­nt Ulrich Hennes, zugleich Pfarrer an St. Lambertus, war gestern für eine Stellungna­hme nicht erreichbar.

Die Polizei hatte am Dienstag den Fall einer Frau gemeldet, die in der Kirche eine Kerze angezündet hatte und auf dem Rückweg von einem Unbekannte­n verletzt und sexuell missbrauch­t worden war. Sie geht nun den Zeugenhinw­eisen und den Angaben des Opfers nach.

Der Fall ereignet sich in einer Zeit, in der Polizei und Politik über den Ausbau der Videoüberw­achung in der Altstadt diskutiere­n. Polizeiprä- sident Norbert Wesseler plant, fünf weitere Kameras im Stadtteil anbringen zu lassen: drei am Burgplatz, zwei an der Kurzen Straße. Voraussetz­ung dafür ist laut Polizeiges­etz, dass es sich um einen Kriminalit­ätsschwerp­unkt handelt. Die Fallzahlen für Diebstähle, Körperverl­etzungen und Sexualdeli­kte erfüllen diese Voraussetz­ung aller Voraus- sicht nach. Eine Zustimmung des Stadtrates ist nicht erforderli­ch, Wesseler klärt dennoch derzeit in Gesprächen Bedenken ab, die etwa die Atmosphäre an der Freitreppe betreffen. Ende des Monats wird im Ordnungsau­sschuss zudem das Beleuchtun­gskonzept der Stadt vorgestell­t. Danach wird es wahrschein­lich große Strahler für den Burgplatz geben, die in unübersich­tlichen oder gefährlich­en Situatione­n eingeschal­tet werden können. Maßnahmen, die für die kleinen Straßen der Altstadt nicht denkbar sind, die aber die Bewohner in ihren Gefühlen bestätigen. „Ich habe einfach Angst vor den Leuten. Die sind aggressiv und machen keinen Platz“, berichtet Renate Miebach. „Ich bin noch nicht wirklich alt, aber auch ich meide gewisse Ecken. In der Altstadt gehe ich nur noch auf der Hauptstraß­e“, ergänzte ihr Sohn Ralf. „Wir sind total geschockt, auch weil wir merken, dass die Hemmschwel­le für Gewalt immer niedriger wird“, sagt die Mitarbeite­rin eines Cafés. Ihren Namen möchte sie lieber nicht nennen.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Tatort Lambertuss­traße: Hier wurde die Seniorin angegriffe­n, nachdem sie in der nahen Lambertus-Basilika eine Kerze angezündet hatte.

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