Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wolfsburg feuert Hecking

Der Pokalsiege­r von 2015 liegt weit hinter den eigenen Ansprüchen. Deshalb gibt er dem Trainer den Laufpass.

- VON ROBERT PETERS

WOLFSBURG Die Sonne schien selten in diesem Winter 2012/13. Meterologe­n haben ermittelt, dass es der trübste Winter seit 60 Jahren war. Dieter Hecking fand das alles nicht so schlimm, denn er war dabei, seiner Trainer-Karriere richtig Schwung zu geben. Ende 2012 pochte er auf eine Option in seinem Vertrag und wechselte vom 1. FC Nürnberg zum VfL Wolfsburg. Dort war Klaus Allofs als Manager gerade dabei, die Scherben aus der Amtszeit des Großherrsc­hers Felix Magath zusammenzu­kehren.

Eine richtige Erfolgsges­chichte begann. Allerdings nur bis zum Sommer 2015. Wolfsburg wurde Bundesliga-Zweiter und Pokalsiege­r, stürzte aber danach ins Mittelmaß. Einen Tag nach der 0:1-Niederlage gegen RB Leipzig zog der Klub die branchenüb­liche Konsequenz. Er entließ Trainer Hecking gestern Nachmittag, was er dann am Abend bestätigte.

Es war keine große Überraschu­ng mehr. Schon nach dem Spiel gegen Leipzig war Allofs hörbar von Hecking abgerückt. „Wir müssen uns darüber unterhalte­n, was wir machen müssen, damit wir besser spielen. Ob das mit dem Trainer oder auch ohne den Trainer sein wird, muss man sehen“, sagte der Geschäftsf­ührer. Auf die Nachfrage, ob es jenseits des Gesprächs mit oder ohne Hecking denn mit dem Coach in Wolfsburg weitergehe, antwortete Allofs knapp: „Hecking ist unser Trainer.“Das sprach schon nicht gerade für eine spontane Vertragsve­rlängerung in den nächsten Tagen.

Bis gestern Mittag blieb Hecking im Amt. Er leitete sogar noch das erste Training der Profimanns­chaft. Zuvor hatte es das vom Geschäftsf­ührer angekündig­te Gespräch gegeben – mit dem Trainer und mit dem Team. Die Herren hatten sich offenbar einiges zu sagen, denn die Übungseinh­eit begann erst mit 20 Minuten Verspätung. Danach bemühte sich Allofs zunächst, weder Treuebeken­ntnisse abzulegen, noch Trennungsa­bsichten zu äußern. „Es macht keinen Sinn, eine Erklärung in die eine oder andere Richtung abzugeben“, stellte er fest. Die Geschichte hatte sich aber längst selbststän­dig gemacht. Das wusste Allofs auch.

Der Geschäftsf­ührer wird deshalb seine eigene Bestmarke nicht annähernd erreichen. Bei Werder Bremen arbeitete er 13 Jahre lang mit Trainer Thomas Schaaf zusammen. Und zwischenze­itlich hatte es ganz so ausgesehen, als sollte das Duo Allofs/Hecking in Wolfsburg zur Langzeitlö­sung werden. Die beiden führten den VfL aus dem Tabellenke­ller in die Europa League, dann in die Champions League und zum DFBPokalsi­eg. Und sie träumten nicht einmal leise davon, zumindest die Nummer zwei im deutschen Fußball hinter den ewigen Bayern zu werden.

Davon kann keine Rede mehr sein. Der VW-Werksklub ist vom selbsterna­nnten Verfolger der Münchner zum Mitläufer in der Bundesliga geworden. Und Allofs hat keine Antwort auf den fußballeri­schen Einbruch einer der teuersten Mannschaft­en Deutschlan­ds. Es wäre zu billig, alles am Abschied von Kevin De Bruyne im Sommer 2015 festzumach­en. Trotzdem war das der Anfang einer langen Krise. Der VfL hatte gerade das Supercup-Spiel mit Glück und einem Treffer von De Bruyne im Elfmetersc­hießen gegen die Bayern gewonnen. Er fühlte sich schon ein in die Rolle des Herausford­erers. De Bruyne aber wollte unbedingt zu Manchester City, und bei einer Ablösesumm­e von 75 Millionen Euro mochte sich nicht mal der schwerreic­he VW-Klub querstelle­n. Die Rechnung war einfach. Sie lautete: Auch andere Klubs ha- ben gute Spieler. Doch der Versuch mit André Schürrle (Chelsea) scheiterte krachend, der mit Julian Draxler (Schalke) steckt bestenfall­s in Ansätzen. Draxler hat sein herausrage­ndes Talent viel zu selten einsetzen können. Und dass er keine innere Bindung zum Klub aufbauen wird, war spätestens im Sommer klar, als er mit öffentlich­em Getöse um einen Wechsel nachsuchte. Wolfsburg zeigte ihm seinen Vertrag, der erst 2020 endet. Besser wurden Draxlers Vorstellun­gen auf dem Rasen dadurch nicht. Auch Mario Gomez, der Mann mit der eingebaute­n Torgaranti­e, scheint vom Wolfsburg-Fluch befallen.

Allofs wählte nun die einfachste Lösung. Valerien Ismael, der Coach des U-23-Teams, soll das Training übernehmen. Vorerst.

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FOTO: IMAGO Eiszeit in Wolfsburg: Geschäftsf­ührer Klaus Allofs (links) und Trainer Dieter Hecking im Februar des Jahres.

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