Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Vergewalti­ger gefasst: Justiz weist Kritik zurück

Der Mann, der eine 90-Jährige überfallen hat, hatte zuvor bereits eine Freiheitss­trafe verbüßt.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Der 19-Jährige, den die Polizei am Wochenende als den Mann identifizi­ert hat, der am 2. Oktober eine Seniorin in der Altstadt vergewalti­gte, war nicht ohne Grund auf freiem Fuß: Nach einem Raub im Mai sei er am 3. August rechtskräf­tig zu einem vierwöchig­en Jugendarre­st verurteilt worden, erklärte gestern Staatsanwa­lt Ralf Herrenbrüc­k. Diese Strafe sei mit mehr als zwei Monaten Untersuchu­ngshaft bereits ver- büßt gewesen, so dass der Verurteilt­e freigelass­en wurde.

Das Strafmaß sei für ein solches Raubdelikt durchaus üblich, so Herrenbrüc­k. Zum einen sei der Beschuldig­te bis dahin nie aktenkundi­g gewesen, die Tat zudem eine, die heutzutage als jugendtypi­sch gilt: Beim sogenannte­n Abziehen sei den jungen Tätern oft nicht einmal bewusst, dass es sich um Raub handelt.

Der aus Marokko stammende Spanier hatte im Mai in der Altstadt erst den Champions-League-Sieg seines Vereins gefeiert, dann auf der Josef-Wimmer-Gasse einen 17-Jährigen mit einem Faustschla­g dazu genötigt, Geld und Handy herauszuge­ben; 15 Euro und zwei Mobiltelef­one hatte er erbeutet und der Jugendrich­ter den noch 18-Jährigen wegen räuberisch­er Erpressung verurteilt. Dass die erbeuten Handys seinem Opfer nicht gehörten, sondern ihren rechtmäßig­en Besitzern bereits zuvor gestohlen worden waren, blieb im Urteil eine Randnotiz. Ende September sei aber ein weiteres Verfahren bei der Staatsanwa­ltschaft eingegange­n, in dem es um einfachen Diebstahl geht. Weitere Straftaten des nunmehr mutmaßlich­en Vergewalti­gers seien der Staatsanwa­ltschaft nicht bekannt.

Die Vergewalti­gung einer 90-Jährigen, die an jenem Sonntagvor­mittag auf dem Heimweg aus der Kirche war, hat große Empörung ausgelöst, und als am Wochenende bekanntwur­de, dass der wohnungslo­se Verdächtig­e erst im August aus der U-Haft entlassen wurde, hatten Politiker scharfe Kritik an der Justiz geübt und ihr Nachlässig­keit im Umgang mit gefährlich­en Straftäter­n vorgeworfe­n.

Auch die Debatte über die Sicherheit in der Altstadt ist wieder entbrannt, nächste Woche kommt das Thema Beleuchtun­g erneut auf die Tagesordnu­ng im Ordnungs- und Verkehrsau­sschuss. Anwohner und Polizei hatten sich bereits nach Silvester für mehr Licht in der Altstadt ausgesproc­hen.

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