Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Leben im Zentrum des Karnevals
Seit Jahrzehnten ist der Japaner Charly Fukuhara Chef der Bar in der Hofburg. Anfang Februar feiert der Karnevalskenner seinen 70. Geburtstag.
Eigentlich wollte Charly Fukuhara Anfang der 70er Jahre die Hotelfachschule in Zürich besuchen. „Leider konnte ich damals kein Deutsch und das war die Voraussetzung für die Aufnahme. Daher habe ich zunächst in Köln eine Sprachschule besucht, die Stadt kannte ich, es gab ja eine Partnerschaft mit Kyoto“, sagt der im Norden Japans geborene Barkeeper des Pullman-Hotels.
Als er im November nach Deutschland kommt, erlebt er zunächst ein Land mit reichlich Schnee. In Köln angekommen, dauert es nicht lange, bis er das erste Mal mit dem Karneval in Berührung kommt. „Ich wusste gar nicht, dass es so etwas in Deutschland gibt. Ich kannte nur den brasilianischen Karneval. Den ersten Kontakt mit dem jecken Treiben hatte ich rund um meine erste Wohnung an der OskarJäger-Straße. Da habe ich mir das Ganze erst mal angeschaut“, erinnert sich Fukuhara, der nach dem Sprachkurs zunächst in Bern und Amsterdam in Hotels arbeitet, bevor es ihn wieder nach Köln zurückzieht.
Heute gehört er zu den Menschen, die sich bestens im kölschen Fastelovend auskennen. Seine Bar im Erdgeschoss der Hofburg ist in der Session allabendlich das Epizentrum des Karnevals und das meist bis in die frühen Morgenstunden. Hier trifft sich alles, was im Kölner Karneval aktiv ist, vom einfachen Jecken über Gardisten, Präsidenten und Künstler bis zum Dreigestirn und seiner Equipe, die spät in der Nacht wieder in ihre Hofburg zurückkehren. Davon zeugen in der Bar neben den vielen Fotografien die drei silbernen Becher, die etwas erhöht platziert sind. „Die silbernen Becher drumherum sind von den vergangenen Dreigestirnen. Für alle ist leider kein Platz. Wir haben aber sehr viele hier“, sagt der Mann, der Anfang Februar seinen 70. Geburtstag feiert.
Als er 1981 in der Hofburg angefangen hat, hieß das Hotel noch Interconti, später wurde es zum Dorint und schließlich zum Pullman. „Angefangen habe ich im damals noch existierenden Nachtclub in der zwölften Etage. Den gab es bis zur Mitte der 90er Jahre.“Danach wechselt Fukuhara in die Bar im Erdgeschoss und wandelt gemeinsam mit dem damaligen Hoteldirektor das Haus in eine der karnevalistischen Hochburgen mit Sitzungen, Bällen und Partys. Zur Instanz für die Jecken wird die bunt dekorierte Bar im Erdgeschoss. „In der Anfangszeit war der Karneval in Köln noch etwas ruhiger, heute geht der Trend immer mehr zur Party.“
In seiner ersten Session war Thomas Braukmann der Karnevalsprinz – heute ist dieser Präsident der Kölner Narrenzunft, die aktuell das Dreigestirn um Prinz Stefan I. stellt. „Ich kenne alle Dreigestirne der vergangenen 20 Jahre. Den aktuellen Prin-
„Ich kenne alle Kölner Dreigestirne der vergangenen 20 Jahre.“
zen habe ich mit dem Bauern und der Jungfrau beim Sommerfest der Prinzengarde kennengelernt. Ich finde, sie machen ihre Sache sehr gut. Oft kommen die drei nach ihrer Rückkehr noch zu uns an die Bar. Da entsteht ein guter Kontakt.“Kölsch ist in seiner Bar immer noch das am meisten getrunkene Getränk. „Es gibt immer mal wieder andere Dinge, die in Mode kommen, wie Hustensaft, bei dem Asbach mit Cola ge- Charly Fukuhara mischt wird. Aber die meisten trinken am liebsten ihr Bier.“
Gerade jetzt beginnt für Fukuhara die Zeit, in der an sechs Tagen in der Woche Sitzungen stattfinden, und an denen im Anschluss oder auch mal im Vorfeld an der Bar gefeiert wird. „Ich beginne meist zwischen 20 und 21 Uhr, oft geht es morgens auch mal bis 6 oder 7 Uhr.“Privat bleibt ihm da nur wenig Zeit zum privaten Karneval feiern. „Vor 15 Jahren war ich noch häufiger in der Session auf Sitzungen. Mittlerweile ist das weniger geworden. “
Stephan Eppinger
Barkeeper