Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Hymnen-Eklat schockiert deutsches Fed-Cup-Team
MAUI/FRANKFURT (sid) Julia Görges weinte vor Entsetzen, Andrea Petkovic war stinksauer, und Barbara Rittner fühlte sich zutiefst verletzt: Ein Hymnen-Eklat hat die Partie der deutschen Fed-Cup-Mannschaft gegen Gastgeber USA auf Hawaii überschattet. „Ich habe mich noch nie in meinem Leben so respektlos behandelt gefühlt. Das war eine absolute Unverschämtheit und Frechheit, einfach das absolut Allerletzte“, schimpfte Petkovic: „Es ist das Schlimmste, das mir in meinem Fed Cup Leben passiert ist.“
Bei der Eröffnungszeremonie auf dem Centre Court im Royal Lahaina Resort hatte der Solist, ein amerikanischer Lehrer, die verpönte, allerdings nicht verbotene erste Strophe des Deutschlandliedes („Deutschland, Deutschland über alles“) gesungen. „Wir haben das Jahr 2017 – dass so etwas in Amerika passiert, darf einfach nicht passieren. Es ist peinlich und spricht für die Ignoranz“, sagte Petkovic in politisch derzeit ohnehin schon hochbrisanten Zeiten.
Auch Teamchefin Rittner war entsetzt über die „respektlose Nummer“: „Das ist echt ein Skandal und unentschuldbar. Ich hätte heulen können, denn es ist im Fed Cup immer ein heiliger Moment, ein Gän- sehaut-Moment, die Hymne zu hören. Das wurde uns genommen“, sagte die 43-Jährige und meinte: „Was passiert ist, trifft einen tief.“Rittner hatte sogar überlegt, dem Sänger das Mikrofon zu entreißen.
Die deutsche Mannschaft, die DTB-Delegation sowie die 20 deutschen Fans hatten geschockt das Geschehen verfolgt. „Jule hat sofort zu heulen angefangen. Und ich hatte auch Tränen in den Augen und war wütend. Das Schlimme ist, dass das auf uns zurückfällt und nicht auf die Amis“, sagte Petkovic, die den Gastgebern große Vorwürfe machte: „Dass das im 21. Jahrhundert passiert, in Amerika und nicht irgendwo in Timbuktu, das ist bezeichnend. Es kam so überraschend und war entsetzlich.“
Mannschaft und Anhänger hatten vehement versucht, mit der dritten Strophe („Einigkeit und Recht und Freiheit“) gegen den Solisten anzusingen. „Aber das war schwierig, denn er hat so laut gesungen. Die Fans haben aber super reagiert“, lobte Petkovic.
Der US-amerikanische Tennisverband (USTA) entschuldigte sich „aufrichtig“bei der deutschen Mannschaft und deren Fans. „Es war in keinster Weise respektlos gemeint. Dieser Fehler wird sich nicht wiederholen“, hieß es in einer Pressemitteilung der USTA.
Petkovic hatte ihr Einzel unmittelbar nach dem Hymnen-Skandal mit 6:7 (10:12), 2:6 gegen Alison Riske verloren. Das Match von Görges gegen Coco Vandeweghe wurde beim Stand von 3:6, 1:3 wegen Regens unterbrochen und war bei Redaktionsschluss noch nicht beendet. Kommentar