Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Frauen im Asylverfahren benachteiligt?
Der in Kaarst lebende Rechtsanwalt vertritt viele Flüchtlinge und gibt regelmäßig eine unentgeltliche Rechtsberatung.
KAARST Das Verfahren von Mohamed M. (18) vor dem Düsseldorfer Verwaltungsgericht (VG) sorgte Ende 2016 für viel Aufsehen. Der Syrer hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BaMF) verklagt, weil es ihm nur den eingeschränkten, also subsidiären Schutz und nicht den vollen Flüchtlingsstatus gewährt hatte. Der in Kaarst lebende Rechtsanwalt Jeremias Mameghani hatte ihn vertreten – mit Erfolg. Vergleichbare Prozesse am VG wurden mittlerweile ganz anders entschieden. Die NGZ sprach mit dem Juristen über widersprüchliche Urteile, Klagewellen und sein Engagement in der Flüchtlingshilfe. droht, in Syrien zum Militär eingezogen zu werden.
Was bedeutet es nur den subsidiären Schutz zu erhalten?
MAMEGHANI Die Flüchtlinge können zunächst in Deutschland bleiben und auch hier arbeiten. Problematisch ist es für diejenigen, die ihre Familie noch in Syrien haben. Ein Familiennachzug ist zumindest bis März 2018 nicht möglich.
In Büttgen geben Sie den in Kaarst lebenden Flüchtlingen regelmäßig eine Probono-Rechtsberatung. Warum engagieren Sie sich so?
MAMEGHANI Ich möchte diesen Menschen helfen. Es sind ja viele in der Kaarster Flüchtlingshilfe aktiv und wir machen nicht nur Rechtsberatung, sondern helfen auch bei diversen Behördenanträgen und Bewerbungen.
Sehen Sie sich Vorwürfen ausgesetzt, dadurch Mandanten gewinnen zu wollen?
MAMEGHANI Überhaupt nicht. Dazu muss man wissen: Mit Ausländerund Asylrecht wird man nicht reich. Alles ist über die Gebührenordnung geregelt und die angesetzten Streitwerte sind relativ niedrig. Zudem suchen die Betroffenen ohnehin An- wälte auf, ich vertrete ja auch Flüchtlinge aus anderen Städten.
Seit kurzem gibt es eine neue Klagewelle von Flüchtlingen. Anlass sind Schreiben des BaMF, mit denen das jeweilige Asylverfahren eingestellt wird. Um was geht es konkret?
MAMEGHANI Angeblich sollen die Flüchtlinge den Einladungen des BaMF zu Anhörungen nicht gefolgt sein. Und das Gesetz sieht vor, wenn jemand einen Termin nicht wahrnimmt, beteiligt er sich nicht am Asylverfahren, hat kein Interesse. Also werden die Verfahren eingestellt. Seit Weihnachten häufen sich diese Fälle. Ich habe zwei Dutzend
solcher Verfahren.
Auf was klagen Sie denn?
MAMEGHANI Auf Aufhebung der Verfahrenseinstellung. Denn meine Mandanten versichern ei- desstattlich, die Einladungen des BaMF nicht erhalten zu haben. Auch die Richter, mit denen ich darüber gesprochen habe, waren auf diese neue Klagewelle nicht vorbereitet. Es hat uns alle überrascht, mit was für Sachen wir uns beschäftigen müssen. Das kostet Geld und nimmt die Zeit der Richter in Anspruch, die diese für ganz andere Verfahren brauchen. Zudem sorgt es für große Verunsicherung bei den Flüchtlingen.
Was müssen diese befürchten?
MAMEGHANI Wer ein solches Schreiben erhält, hat nur eine Woche Zeit zu reagieren, um einen Eilantrag vor dem VG zu stellen. Denn in den BaMF-Schreiben steht die Aufforderung „verlassen Sie Deutschland innerhalb einer Woche“.
Glauben Sie, da steckt System hinter?
MAMEGHANI Auffällig ist die Häufung dieser Schreiben seit Weihnachten. In einem Fall drohte das BaMF meinem Mandanten die Abschiebung an – hatte aber nicht beachtet, dass er aus Syrien stammt. Das BaMF wollte ihn tatsächlich ins Kriegsgebiet zurückschicken. In einigen Fällen hebt das BaMF die Einstellung des Asylverfahrens sogar selbst auf, in anderen Fällen die Gerichte. Denn bislang urteilte das VG zugunsten meiner Mandanten und ihre Asylverfahren laufen weiter.