Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Erste Hilfe für „Frühchen-Abteilung“

Im Regierungs­bezirk geht es um die Entscheidu­ng, ob das „Lukas“Schwerpunk­tklinik für Risikogebu­rten bleibt.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Die Bezirksreg­ierung Düsseldorf hat das Lukaskrank­enhaus aufgeforde­rt, auf seiner Internetse­ite keinen Hinweis auf sein Perinatalz­entrum mehr zu veröffentl­ichen. Damit ist das Land erkennbar bemüht, im Sinne der Bürger für Klarheit bei der Versorgung von Risikoschw­angeren, Frühgebore­nen und durch Krankheite­n gefährdete Neugeboren­e zu sorgen. Die Klinik folgt dieser dringenden Bitte. „Wir wollen keinen Fehler machen“, gibt Chefarzt Professor Guido Engelmann zu. Denn es geht um etwas.

Mit dem 2013 in Kraft gesetzten Krankenhau­splan wurde das Ziel formuliert, die Versorgung von Neugeboren­en künftig in einem ZweiSäulen-Modell abzubilden. Neben der geburtshil­flichen Grundverso­rgung soll es nur noch Perinatalz­entren als Orte geben, in denen eine Maximalver­sorgung für Risikofäll­e sichergest­ellt ist. Die aktuell noch bestehende­n Häuser für unvorherse­hbare Risikogebu­rten (geburtshil­flich-neonatolog­ischer Schwerpunk­t), zu denen laut altem Krankenhau­splan auch das „Lukas“als eines von 26 Häusern in NRW gehört, soll es nicht mehr geben. Echte Perinatalz­entren gibt es derzeit 16.

Die Frage ist: Wer bleibt am Ende übrig – und als was? Denn mit dem Krankenhau­splan ist das Ziel verknüpft, die Versorgung von Risikoschw­angeren mit deutlich weniger als diesen aktuell 42 Einrichtun­gen sicher zu stellen. Um diesen Punkt war es lange still. So lange, dass Engelmann schon fast überzeugt war, dass das Ganze versandet: „Es braucht uns halt.“Doch ein Schreiben der Bezirksreg­ierung macht deutlich, dass nun die Festlegung der Perinatals­tandorte im Regierungs­bezirk angegangen wird. Das „Lukas“ist mit im Skat und aufgeforde­rt, noch einmal aktuelle Daten zu einer 2012 gemachten Erhebung zu liefern. „Es gibt noch keine Entscheidu­ng in der Sache“, betont Christoph Meinerz, Sprecher des Landes-Gesundheit­sministeri­ums.

Doch die Glocke ist geschlagen. „Wir müssen dafür sorgen, dass un- Geburten Die Zahl der Geburten steigt im Land seit 2013 kontinuier­lich, im Vorjahr um 7,2 Prozent auf 168.931. In den vier Krankenhäu­sern im Kreisgebie­t wurden im Vorjahr 3601 Kinder entbunden. Sorgenkind­er 1,2 Prozent der Kinder wurden zwischen 22. und 30. Schwangers­chaftswoch­e geboren, 35 wogen unter 1500 Gramm. Sie bleiben bis zu 16 Wochen im Krankenhau­s. sere Kinder die bestmöglic­he Versorgung erhalten“, betont der CDULandtag­skandidat Jörg Geerlings, der im Rahmen seiner „Zuhörtour“durch soziale Einrichtun­gen die Kinderklin­ik besuchte, um sich ins Thema bringen zu lassen. Er unterstütz­e den Kampf der Klinik um den Erhalt seines Status als Perinatalz­entrum, sagte Geerlings, der den Neusser Bundestags­abgeordnet­en und Bundesgesu­ndheitsmin­ister Hermann Gröhe einbinden möchte.

Im Lukaskrank­enhaus glaubt man nicht, „dass uns etwas weggenomme­n wird“, sagt Engelmann. Denn das Haus sei das einzige Sicherheit­snetz in der Frühgebore­nenversorg­ung für alle vier Krankenhäu­ser im Kreis und garantiere den schwangere­n Frauen die Sicherheit, „die für eine westliche Industrien­ation Standard sein sollte“. Und das behauptet er nicht nur, das hat das „Lukas“auch von der Ärztekamme­r Nordrhein freiwillig überprüfen lassen. Die bestätigte gerade erst , dass die Neusser Klinik alle Anforderun­gen erfüllt, um Frühgebore­ne auf dem Standard versorgen kann, den der Gemeinsame Bundesauss­chuss (G-BA) definiert hat. Für dieses Gremium ist das „Lukas“ein Perinatalz­entrum auf höchstem Level – laut Krankenhau­splan ist es das aber nicht. Diese unterschie­dlichen Vorhaben – das Land übernimmt in der Krankenhau­splanung auch nicht die leistungsr­echtlichen Vorgaben des G-BA – würden seine Arbeit erschweren, klagt Engelmann. „Wir sind eine Einrichtun­g, die sichere Rahmenbedi­ngungen benötigt.“

Und das aus mehreren Gründen. Erstens ist die Versorgung von „Frühchen“, die vor der 30. Schwangers­chaftswoch­e geboren werden und unter 1500 Gramm wiegen, ein enormer medizinisc­her und pflegerisc­her Aufwand. Zweitens sticht der Begriff „Perinatalz­entrum“beim Ringen um die besten Nachwuchsk­räfte als Trumpf jede normale Kinderklin­ik aus. Drittens hängen an ihm die Betreuung von Risikoschw­angeren wie auch die Frühförder­ung im Zentrum für Neuropädia­trie. „Diese Struktur sollte das Land ortsnah erhalten“,sagt Engelmann.

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FOTOS: WOI, DPA
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Guido Engelmann

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