Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bauernprot­est kippt Düngeveror­dnung

Kreislandw­irt erkannt aber Handlungsb­edarf zum Schutz des Grundwasse­rs in einigen Regionen an.

- VON KLAUS NIEHÖRSTER

RHEIN-KREIS Immer häufiger formiert sich neuerdings bäuerliche­r Protest vor der Düsseldorf­er Staatskanz­lei. Am Donnerstag betraf es die seit langem köchelnde Novellieru­ng der Düngeveror­dnung, gegen die die Landwirtsc­haftsverbä­nde Rheinland und Westfalen-Lippe mehr als 800 Landwirte mobilisier­en konnten. Mit Erfolg. Die Änderungsa­nträge zu der Verordnung, die nach Ansicht der Bauern fachlich ohnehin nur schwer zu begründen seien, wurden zurückgezo­gen.

Ausgerechn­et Nordrhein-Westfalen hatte – an der Spitze mehrerer grün mitregiert­er Bundesländ­er – in dem Konflikt zwischen dem Anspruch auf sauberes Trinkwasse­r einerseits und den Praxis-Zwängen der Landwirtsc­haft anderersei­ts auf eine Verschärfu­ng der Düngeveror­dnung gesetzt. Der Vorstoß sorgte für große Aufregung. Was die Landwirte dabei in Rage brachte, war die vom Umweltmini­sterium in Person von Johannes Remmel geplante Verschärfu­ng der Auflagen. Da würde existenzbe­drohend draufgesat­telt, empört sich Bernhard Conzen, Präsident des Rheinische­n Landwirtsc­hafts-Verbandes, über die überrasche­nd erhobenen Zusatzford­erungen, mit denen ein im Januar zwischen den Bundesländ­ern, den beteiligte­n Bundesmini­stern und dem Bundestag erzielter Kompromiss geplatzt wäre. Doch unter dem Eindruck der Bauernprot­este wurde die Verschärfu­ng der Düngeveror­dnung gestoppt.

In nitrat-sensiblen Gebieten, so die Überzeugun­g der Bundesländ­er mit einem grünen Landwirtsc­haftsminis­ter, sollte eine Begrenzung der organische­n Düngung von bisher 170 Kilogramm auf 120 Kilo Stickstoff pro Hektar, sowie eine Decke- lung der Stickstoff­ausbringun­g auf 90 Prozent des Bedarfs durchgeset­zt werden. „Landwirte können nicht weiter ihren Abfall in der Landschaft abladen. Sonst kommt die Wasservers­orgung der Bürger zum Erliegen“, macht Johannes Remmel Druck. Für den NRW-Minister „ist die Grenze des Verkraftba­ren überschrit­ten“.

Beinahe wortgleich bezogen die Landwirte Position, wenn auch in anderer Richtung. „Das ist eine Unverschäm­theit, fünf Minuten vor zwölf die seit mehreren Jahren strittigen Nitrat-Richtlinie­n in dieser Weise infrage zu stellen“, wettert Wolfgang Wappenschm­idt als Kreislandw­irt im Rhein-Kreis. In diesem Jahr wäre kaum noch Zeit geblieben, um tragbare Kompromiss­e zwischen der Politik und den Landwirten zu finden, sagt er. Wappenschm­idt erkennt zwar beim Schutz des Grundwasse­rs in einigen Gebieten grundsätzl­ich Handlungsb­edarf an, „aber die landwirtsc­haftliche Notwendigk­eit bleibt bestehen, die Pflanzen nach ihrem Nährstoffb­edarf zu düngen.“Sonst stimmten die Ernten nicht und kein Betrieb käme mehr über die Runden.

Stefan Schwengers in Kaarst wäre mit seiner 150-köpfigen Milchviehh­erde von einer Verschärfu­ng der Düngeveror­dnung direkt betroffen gewesen. Auch er zog deshalb verbal ordentlich vom Leder: „Für meinen Betrieb wäre das überlebens­bedrohend“, sagt der Bauer, der in der Konsequenz entweder ein Viertel seiner Kühe hätte abschaffen oder Fläche hinzupacht­en müssen. Schwengers blickt kurz über die Grenze und pickt die europäisch­e Ungleichhe­it der Zulassunge­n und Verordnung­en auf: „Meine niederländ­ischen Berufskoll­egen wirtschaft­en mit 230 Kilo Stickstoff je Hektar viel entspannte­r.“

 ?? ARCHIVFOTO: DPA ?? Zu viel organsiche­r Dünger wie Gülle kann das Grundwasse­r belasten. Der Umweltmini­ster wollte ihren Einsatz daher begrenzen.
ARCHIVFOTO: DPA Zu viel organsiche­r Dünger wie Gülle kann das Grundwasse­r belasten. Der Umweltmini­ster wollte ihren Einsatz daher begrenzen.

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