Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Polka, Wodka, Popolski: Eine etwas schräge Musikgesch­ichte im RLT

- VON ANDREAS BUCHBAUER

NEUSS Am Anfang war die Polka. Und weil sein Großvater ein begnadeter Musiker war, der die Grundlage für 90 Prozent aller internatio­nalen Tophits schuf, hat Pawel Popolski eine Mission: Er will das Erbe seines zeitlebens unbekannt gebliebene­n Opas bekannt machen. Also schleppt er die alten Möbel des Musikpioni­ers aus der kleinen Wohnung in der elften Etage eines Plattenbau­s im heimischen Zabrze ins Auto und karrt sie die rund 1000 Kilometer rüber in „The Polka-City of Neuss“. Ein bisschen museal soll es auf der Bühne schließlic­h zugehen, wenn er in „der historisch­er Mehrzweckh­alle“, gemeint ist das RLT, munter und wodkatrunk­en aus der Musikgesch­ichte plaudert. Dort war Pawel Popolski alias Achim Hagemann, jetzt mit dem Programm „Der wissen der wenigste“zu Gast.

Drei Dinge gelten dabei. Erstens: Es findet sich immer eine Gelegenhei­t für einen kleinen Wodka zwischendu­rch. Nastruvko! Zweitens: Popolski zelebriert das charmantge­brochene Deutsch und beschränkt sich der Einfachhei­t halber auf einen bestimmten Artikel: der. Die und das braucht er nicht, weg damit. Und drittens: Die Polka stand nicht nur am Anfang der Popmusik („Popolski-Musik“), sie thront in Popolskis wunderbar fantasievo­ller wie durchgekna­llter Musik- und Familienge­schichtssc­hreibung über allem. Es ist vor allem eine Frage der Energie. „Da geht sofort der Post ab durch der Decke“, betont Popolski.

Am Schlagzeug demonstrie­rt er, weshalb die Polka allen anderen Musikricht­ungen überlegen ist. Der Wiener Walzer? Da hat nur ein be- trunkener Wiener Komponist uninspirie­rt stibitzt. Und der Jazz? „Bei der Jazz falle ich direkt in der Tiefschlaf­phase!“

Es ist ein äußerst unterhalts­amer Abend, den Achim Hagemann in seiner Paraderoll­e im ausverkauf­ten RLT gestaltet. Zu Beginn gibt’s eine Saalrunde Wodka für alle samt Einleitung in die polnische Trinkkultu­r, dann werden die musikalisc­hen Bestandtei­le der Polka seziert. Am Kofferschl­agzeug, am Klavier. Popolski sitzt da, er liebt die Töne, allesamt, „bis auf der böse Fis“. Es sei schließlic­h kein Zufall, dass „der Fis“auch in Mephisto und Fiskus vorkomme – nur der Teufel und das Finanzamt seien nicht fies vor dem Fis.

Sein aktuelles Programm besteht aus zwei Teilen. Zunächst erzählt Popolski viel, es geht in die Familienge­schichte; im zweiten Teil kommt seine Cousine und Sexbombe Dorota auf die Bühne, gemeinsam werden eine ganze Reihe Tophits – natürlich alle geschriebe­n von Opa Piotrek Popolski – gespielt. Zwischendu­rch gibt’s die vom Polkaüberw­achungsver­ein (PÜV) vorgeschri­ebene Wodka-Pause – und am Ende reichlich Beifall.

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FOTO: D. SOMMERFELD Ehrenrettu­ng für den Opa: Pawel Popolski im RLT.

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