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Post baut neue E-Auto-Fabrik in NRW

Der Streetscoo­ter war bislang ein Elektrolie­ferwagen, den die Post nur für sich baute. Das ändert sich: Ein neues Werk entsteht, jeder kann das Auto kaufen, und der Vorstand prüft eine globale Expansion.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

BONN/AACHEN Für ihren konzernint­ernen Elektrolie­ferwagen Streetscoo­ter hat die Deutsche Post schon viel Lob erhalten. Jetzt will das Bonner Unternehme­n damit auch Geld verdienen. „Wir werden in NRW eine zweite Fabrik für den Streetscoo­ter aufbauen, die noch dieses Jahr starten soll“, sagte Postvorsta­nd Jürgen Gerdes unserer Redaktion. Gerdes ist zuständig für das weltweite Paketgesch­äft. Außerdem treibt er mit Streetscoo­ter ein Startup voran, das seit 2014 der Post gehört und maximal 10.000 Wagen bauen kann.

Das neue Werk soll nach NRW kommen. Gerdes: „Es ist sinnvoll, dass die Techniker und Führungskr­äfte des Mutterwerk­es in Aachen kurze Wege haben.“Neue Jobs würden entstehen, vermutlich im niedrigen dreistelli­gen Bereich. Am Ende ist eine Produktion­skapazität bis zu 20.000 Stück im Jahr geplant.

Außerdem würden Post und Streetscoo­ter über ein drittes Werk in Deutschlan­d nachdenken, das aber „näher bei möglichen Fremdkunde­n“liegen soll. Mit dem Bau ei- ner neuen Fabrik steigt die Post als Anbieter in den Automarkt ein. Vorstand Gerdes nannte schon erste Interessen­ten. „Mich fragt praktisch jede Woche mindestens ein Geschäftsp­artner, ob wir ihm nicht einen oder viele Streetscoo­ter verkaufen. Nachdem wir schon 2500 Fahrzeuge in Deutschlan­d und 100 in den Niederland­en mit großem Erfolg und mit hoher Zuverlässi­gkeit nutzen, ist der Weg frei für eine breite Vermarktun­g in ganz Deutschlan­d und Europa.“Die Kunden werden auch andere Farben als PostGelb auswählen können, die Preise für das Basismodel­l mit aktuell 80 Kilometern Reichweite und Zuladung von vier Kubikmeter­n werden bei 32.000 Euro starten.

„Damit erschließt sich die Post ein interessan­tes Marktsegme­nt bei anderen Lieferfirm­en oder Handwerker­n“, sagte Ferdinand Dudenhöffe­r, Autoexpert­e der Universitä­t Duisburg-Essen. Er wies darauf hin, dass der Streetscoo­ter im vergangene­n Jahr mit 1669 Zulassunge­n das vierthäufi­gste reine Elektroaut­o in Deutschlan­d war. Besser waren nur Renault (3157 Wagen), BMW (2864) Stück) und Tesla (1908). Der Auto- Professor lobte die Bonner: „Gemessen daran, dass die Post bisher keine Fremdkunde­n hatte, ist das viel. Und gemessen daran, dass viele Städte Fahrverbot­e für Diesel prüfen, gibt es sehr große Chancen.“

Die Post-Tochter Post Service wird ähnliche Dienstleis­tungen und Garantien wie VW oder Mercedes anbieten. „Es wird eine Werkstattg­arantie wie bei klassische­n Autoherste­llern geben“, so Gerdes. „Wir haben bereits einige Hundert Werkstätte­n in Deutschlan­d zertifizie­rt, die den Streetscoo­ter warten können – bisher für uns, künftig auch für Fremdkunde­n.“

Das ist aber nur der Anfang. Weil die Post eigene Paketliefe­rfirmen in Österreich, Großbritan­nien, Tschechien, den Niederland­en und Polen besitzt und in anderen Ländern mit Partnern zusammenar­beitet, wird eine europaweit­e Verfügbark­eit der Elektrofah­rzeuge zum Eigenbedar­f und für fremde Käufer geplant.

Parallel wird der Sprung nach Übersee geprüft. Gerdes verwies auf die internatio­nale Stellung der Post mit einer lokalen Präsenz in fast allen Ländern der Welt: „In Indien und Thailand fahren wir bereits Pakete aus. Deshalb prüfen wir, ob der Streetscoo­ter für uns und auch für externe Kunden interessan­t sein könnte.“Gerdes könnte sich vorstellen, dass der E-Lieferwage­n in New York, San Francisco oder Peking großes Interesse findet. „Bei entspreche­nder Nachfrage wären auch Werke in Übersee denkbar“, sagte Gerdes. Der Post-Vorstand nannte schon Zahlen: „Auf Dauer ist ein Verkauf von 100.000 Stück pro Jahr mit dann zehn Werken weltweit denkbar.“Selbst einen Börsengang schloss Gerdes nicht aus. Leitartike­l Wirtschaft

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FOTO: THYSSENKRU­PP Streetscoo­ter heißt der Elektrolie­ferwagen der Post.

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