Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Hinter den Kulissen des Kaarster Kinos

Zelluloid ist längst passé. Filme kommen auf Festplatte­n ins Kino. Seit drei Jahren legt Klaus Stevens sie ein – und will das Kino ausbauen. Künftig sollen Filme im Original gezeigt werden. Anfragen aus Willich.

- VON DAGMAR FISCHBACH

KAARST Wenn morgen Nachmittag um 17 Uhr der Film „Bibi & Tina – Tohuwabohu Total“über die Leinwand im Albert-Einstein-Forum flimmert, hat Klaus Stevens schon mindestens anderthalb Stunden Vorbereitu­ng hinter sich. „Der Film wird auf Festplatte geliefert und muss zunächst auf unseren Server überspielt werden. Das dauert in der Regel ebenso lang wie der Film läuft“, erklärt er.

Das Kino Kaarst ist Stevens Leidenscha­ft. Als die Betreiber des Neusser Hitch sich Ende 2014 wegen der Digitalisi­erung der Technik aus der Filmvorfüh­rung in Kaarst verabschie­deten, übernahm die Stadt das damals eher schleppend laufende Projekt. „Bei den Vorstellun­gen waren zwischen fünf und 50 Leute“, erinnert sich Stevens. Der Kulturmana­ger glaubte an das Kino Kaarst und brachte es auf die Erfolgspur. „Seit Januar 2015 haben rund 25.000 Menschen unser Kino besucht“, sagt er stolz. 400 Plätze können pro Vorstellun­g vergeben werden. „Bei vielen Filmen sind wir ausverkauf­t“, so Stevens.

Allerdings bringe das dem Kino keinen Riesen-Gewinn. Denn zu den Fixkosten der Vorführung in Höhe von rund 200 Euro, komme noch die Leih-Gebühr. „Pro verkaufter Karte gehen rund 50 Prozent an den Film-Verleiher“, erklärt er. Dennoch habe das Kino der Stadt in jedem der vergangene­n drei Jahre rund 12.000 Euro eingebrach­t. „Für eine kulturelle Einrichtun­g ist das Klaus Stevens Kulturmana­ger eine stolze Summe“, stellt Klaus Stevens fest. Umso trauriger habe es ihn als Kaarster Bürger gemacht, dass sich die Stadt zum 1. Februar aus dem Kinobetrie­b zurückgezo­gen hat. Mit der Schauplatz Langenfeld GmbH – dem ehemaligen Kulturamt der Stadt Langenfeld – habe er aber einen sehr guten Kooperatio­nspartner gefunden. „Für die Zuschauer in Kaarst hat sich nichts geändert“, so Stevens. Er selbst sei nun bei den Langenfeld­ern auf Honorarbas­is beschäftig­t. Das Kino aufzugeben, kann er sich nicht vorstellen. „Ich habe keinen Lebensplan, der mich in nächster Zeit davon abhalten könnte“, sagt er. Im Gegenteil: Stevens hat noch einige Projekte in Planung: So soll es etwa in Kooperatio­n mit der VHS künftig öfter fremdsprac­hige Filme geben. „Zur Premiere in der vergangene­n Woche kamen 88 Besucher. Ich könnte mir vorstellen, ein Mal pro Quartal einen Film im Original zu zeigen“, so der Kulturmana­ger. Außerdem habe er eine Anfrage aus Willich. „Der Seniorenbe­irat möchte sich unserem Seniorenki­no plus anschließe­n und einen Shuttleser­vice zu Kaffee, Kuchen und Kino in Kaarst anbieten“, sagt er. Zum ersten Mal werden die Willicher wohl im September dabei sein, wenn das Seniorenki­no plus seinen ersten Geburtstag feiert.

Doch zunächst wird er morgen um 17 Uhr und um 20 Uhr – das Kino zeigt dann „Moonlight“– die Vorführger­äte anwerfen. Allein, denn Vorführer Marijn Groenendij­k ist im Osterurlau­b. Wenn die Filme auf dem Server sind, muss Stevens dazu erstmal einen Code eingeben. „Ohne diesen ,Schlüssel’ geht nichts“, erklärt er. Die Zahlenkolo­nne wird eigens für die Vorführung in Kaarst generiert und ist fest an den 47 Kilo schweren Projektor gebunden. „Der Schlüssel gilt in der Regel zwischen 24 Stunden und drei Tagen. So soll verhindert werden, dass Kinos die Filme untereinan­der tauschen oder privat zeigen“, erläutert Stevens. Es sei schon passiert, dass er einen falschen Schlüssel bekommen habe. „Ich musste bis London telefonier­en – und bekam den korrekten zehn Minuten vor Filmstart.“

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