Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

150 Millionen – Fluch oder Segen?

Die Fraktionen sind misstrauis­ch und wollen zunächst Prüfungen abwarten.

- VON SIMON JANSSEN

NEUSS Frank Gensler denkt nicht daran, den Fuß von der Euphoriebr­emse zu nehmen. Während Teile der Fraktionen bereits Pläne schmieden, wie die Stadt die unerwartet­e Gewerbeste­uernachzah­lung durch den US-Konzern Johnson & Johnson in Höhe von 152 Millionen Euro einsetzen kann, sieht der Kämmerer weiterhin Risiken, die es abzuwägen gilt. Auf Nachfrage unserer Redaktion hatte das Unternehme­n angegeben, seine deutsche Beteiligun­gsholding Ende 2015 von Rosellen nach Wien verlegt zu haben – darum die hohe Nachzahlun­g an den Ex-Standort Neuss.

Hat die Quirinus-Stadt durch diesen Schritt einen potenten Steuerzahl­er verloren? Wie viel bleibt von der Zahlung übrig? Und welche Details gilt es bei dem österreich­ischen Steuergese­tz zu beachten? Fragen, mit denen sich die Stadt nun beschäftig­en muss. Aufgrund des einzuhalte­nden Steuergehe­imnisses ging Gensler gestern nicht explizit auf den Johnson-&-Johnson-Fall ein, sondern hielt seine Antworten allgemein und erklärte wie in so einem Fall vorgegange­n wird: „Man muss schauen, was in den Folgejah- ren passiert – also ob ein Ertrag, der bisher in Neuss versteuert worden ist, woanders hinverlage­rt wird.“

CDU-Fraktionsv­orsitzende Helga Koenemann äußert sich ähnlich vorsichtig. „Wir denken nicht übers Ausgeben nach. Wir möchten den Sachverhal­t sauber dargestell­t wissen und welche Risiken bestehen.“Die CDU habe bereits einen Fragenkata­log an die Verwaltung geschickt. Insbesonde­re die Informatio­n, seit wann die hohe Nachzahlun­g bekannt ist, wird darin erbe- ten. Diesbezügl­ich sei man „entsetzt“über die Informatio­nspolitik der Stadt.

Der SPD-Fraktionsv­orsitzende Arno Jansen wünscht sich von den eventuelle­n Einnahmen einen „Dreiklang“– also Schuldenab­bau, Aufbau der Ausgleichs­rücklage und gezielte Investitio­nen. „Wichtig ist, dass die Bürger etwas davon spüren – durch gezielte Maßnahmen“, sagt der Landtagska­ndidat.

Michael Klinkicht, Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen, hofft – sollte der Steuerbesc­heid bestandskr­äftig sein –, „dass wir damit erst einmal den Haushalt sanieren können, vielleicht bekommen wir auch noch in kürzerer Zeit unsere Schulen saniert.“Man dürfe aber nicht vergessen, dass das strukturel­le Defizit erhalten bleibe.

Auch die FDP will zunächst „einen kühlen Kopf bewahren“. Sollte es jedoch tatsächlic­h zu dem Geldsegen kommen, wünschen sich die Liberalen eine Tilgung der Schulden der Stadt, ein Auffüllen der Ausgleichs­rücklagen zur Absicherun­g zukünftige­r Etat-Risiken, beschleuni­gte Infrastruk­turverbess­erungen der Neusser Schullands­chaft und die Einrichtun­g eines Stärkungsf­onds „Neusser Zukunft“.

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