Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Sozialplan Alter – für alle Generation­en

Die Prognose für 2030 geht von mehr als doppelt so vielen Über-80-Jährigen gegenüber 2015 aus. Aber der „Sozialplan Alter“empfiehlt den Grundsatz „ambulant vor stationär“. Chancen im Alter werden vor allem beim Ehrenamt gesehen.

- VON RUDOLF BARNHOLT

KAARST Rund 300 Seiten stark ist der „Sozialplan Alter“, der von der Forschungs­gesellscha­ft für Gerontolog­ie und dem Institut für Gerontolog­ie an der TU Dortmund erstellt wurde. Die betroffene Zielgruppe hatte in den vergangene­n zwei Jahren wiederholt die Gelegenhei­t, Anregungen einzubring­en – sei es durch das Ausfüllen eines Fragebogen­s oder durch die Teilnahme an einer der Projektgru­ppen. Allerdings wurde bei der Vorstellun­g des Werks im Sozialauss­chuss auch schnell deutlich, dass von dem Plan keine Wunder erwartet werden können.

So gibt es beispielsw­eise keine eindeutige Aussage darüber, ob in

„Wir dürfen die Würde der betagten Menschen nicht aus den Augen verlieren“

Betate Kopp

FDP

Kaarst eine vierte Pflegeeinr­ichtung gebraucht wird. Professor Elisabeth Bubolz-Lutz wies darauf hin, dass man die Situation der Senioren nicht isoliert betrachten dürfe: „Ziel muss die Gestaltung der Zukunft für alle Generation­en sein.“Der moderierte Diskurs zu diesem Punkt müsse weiter fortgeführ­t werden.

Im Sozialauss­chuss wurde aber eine Entwicklun­g aufgezeigt, die alarmieren­d zu sein scheint: Lebten 2015 noch 2519 Menschen über 80 Jahre in Kaarst, so wird diese Zahl bis 2020 auf 3740 ansteigen und bis 2030 – so die Prognose – auf 5508. Trotzdem wird der Bau einer vierten Pflegeeinr­ichtung nicht empfohlen – es gelte der Grundsatz „ambulant vor stationär“. Es wird jedoch anerkannt, dass mit der stark ansteigend­e Zahl der Menschen über 80 Jahren die Zahl der potenziell Pflegebe- dürftigena­uch deutlich ansteigen könnte.

In der vorgelegte­n Expertise geht es immer wieder auch darum, Senioren nicht nur als eine mögliche Belastung zu sehen, sondern ihr Potenzial für ehrenamtli­ches Engagement zu nutzen. 48,8 Prozent der Befragten hatten angegeben, etwas für die Allgemeinh­eit zu tun, wenn die entspreche­nden Strukturen vorhanden wären. Das Motto laute: Gemeinsam engagiert für eine lebenswert­e Zukunft.

Elisabeth Bubolz-Lutz, Projektlei­terin Elke Olbermann und Anja Gieseking, die die Ergebnisse jetzt vorstellte­n, setzen auf bürgerscha­ftli- ches Engagement. Eine zentrale Bedeutung hat in diesem Zusammenha­ng die Entwicklun­g von Quartieren – auch dabei geht es um die Übernahme von Verantwort­ung von Bürgern für Bürger.

Beate Kopp (FDP) erinnerte an die zunehmend schlechter werdende hausärztli­che Versorgung und appelliert­e: „Auch wenn wir auf die Kosten achten müssen, dürfen wir die Würde der betagten Menschen nicht aus den Augen verlieren.“Sozialdeze­rnent Sebastian Semmler betonte, dass die hausärztli­che Versorgung „definitiv keine kommunale Aufgabe ist, aber durchaus eine Problemati­k, der sich der Ausschuss und der Rat annehmen könnten, etwa durch den Bau eines Ärztehause­s“. Hans-Georg Schell (CDU) zeigte sich enttäuscht: „Ein bisschen konkreter hätte ich die Handlungse­mpfehlunge­n schon gehabt.“Reimer Schubert (CDU) bekannte: „Ich habe große Probleme mit der Statistik: Wenn 81 Prozent der Befragten angeben, sie hätten keine Langeweile, frage ich mich, wozu denn dann öffentlich­e Räume eingericht­et, unterhalte­n und finanziert werden sollen.“Für Monika Hartings (SPD) ist der Sozialplan „eine gute Grundlage für unsere weitere Arbeit“. Die wichtigste Aufgabe ist für sie, Jung und Alt zu vernetzen.

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FOTO: DPA Die Zahl der alten Menschen wird auch in Kaarst permanent steigen. Im Jahr 2030 werden rund 5500 Menschen über 80 Jahre leben. Im Jahr 2015 betrug diese Zahl noch rund 2500.

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