Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Kultur will Publikum nach Wünschen fragen
Neuss ist in der Kultur gut aufgestellt – das untermauert die Verwaltung mit dem nun vorgelegten Jahresbericht Kultur 2016.
NEUSS Ein Thema fehlt. Eines, das die Neusser Kulturpolitik im Jahr 2016 beschäftigte wie wohl kein zweites. Die schließlich vom Rat der Stadt Neuss abgelehnte Schenkung einer bedeutenden Sammlung zum Jugendstil wird im druckfrischen Jahresbericht Kultur 2016 der Stadt Neuss zur Randnotiz. Ein einleitender Halbsatz zu Beginn des Beitrags über das Clemens-Sels-Museum, dann weitere fünf Zeilen ganz hinten, auf Seite 69 der insgesamt 70 Seiten umfassenden Publikation, in der Rubrik „Kulturausschuss“– das ist alles, was von einer monatelangen öffentlichen Diskussion übrig geblieben ist. Sie habe abwarten wollen, was schließlich mit der Schenkung geschieht, erklärt Kulturdezernentin Christiane Zangs diese Zurückhaltung. Nun, das Schicksal der Sammlung ist geklärt – sie wurde dankend in Wiesbaden angenommen –, und Christiane Zangs kündigt einen Textbeitrag für das nächste Neusser Jahrbuch „Novaesium“an.
Doch vorrangig geht es bei der Hochglanz-Broschüre im DinA4Format, die in dieser Form seit 2006 herausgegeben wird, um etwas anderes: „Für Kulturschaffende ist der Jahresbericht eine wichtige Reflexion. Theateraufführungen, Konzerte, auch Ausstellungen sind auf Flüchtigkeit ausgelegt, und Kulturleute vergessen oft, das Gewesene festzuhalten. Von daher ist der Kulturbericht ein Dokument des Flüchtigen“, sagt Zangs. Das sorgfältig von Stadtarchiv-Mitarbeiterin Annekatrin Schaller erstellte Heft dient zugleich der Präsentation des Neusser Kulturlebens nach außen. Und da zeigen sich Zangs und Kulturamtsleiter Harald Müller durchaus zufrieden: „Neuss ist in allen Sparten der Kunst aufgestellt“, sagen sie übereinstimmend. Und können dank des Jahresberichts zahlreiche Belege anführen. Etwa steigende Besucherzahlen im Museum, bei den Tanzwochen und Kindertheaterreihen. Die Auswahl beschränkt sich übrigens nicht allein auf städtische Institutionen, sondern bezieht Kulturorte wie die Insel Hombroich oder das Kino Hitch ein.
Statt der zuvor üblichen Vorworte von Bürgermeister und Kulturdezernentin kommen auf einer Doppelseite die Leiter der Kultureinrichtungen mit kurzen Statements zu Wort. Neben „vielen wunderbaren Fotos“zeigten die „hervorragenden Texte deutlich, mit wie viel Herzblut und Überzeugung“die Kulturschaffenden in Neuss am Werke seien, sagt die Dezernentin.
Diese Passion ist für sie auch einer der Gründe, warum das kulturelle Leben in Neuss sich trotz der starken Konkurrenz behaupten könne. „In Neuss bieten wir im Gegensatz etwa zu Düsseldorf Kultur zum Anfassen. Nicht nur für die Zuschauer, auch für die Künstler, die gern herkommen, weil die Veranstalter eine besondere Atmosphäre schaffen.“Durch jahrelange und herzliche Kontaktpflege gelinge es immer wieder, selbst hochkarätige Künstler zu gewinnen, deren Gagen das städtische Budget normalerweise überstiegen, ergänzt Harald Müller.
In diesem Jahr wollen die Kulturinstitutionen noch stärker als bisher das Publikum in den Blick nehmen, wie Christiane Zangs mitteilt. „Wir wollen die Besucher befragen: Was kommt gut an? Welche Wünsche gibt es?“, erläutert sie. Denn bei einer Finanzierung, die zu je einem Drittel aus dem städtischen Etat, Fördermitteln und den Einnahmen aus Eintrittsgeldern bestritten wird, seien die Einrichtungen auf letztere zwingend angewiesen.