Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Jüchener CDU will nur noch reine Wohngebiet­e

Wohn- und Gewerbe-Mischgebie­te, wie in Holz, wollen Jüchens Christdemo­kratennich­t mehr zulassen.

- VON GUNDHILD TILLMANNS

JÜCHEN Für ein ungestört-idyllische­s, ländliches Wohnen in Jüchen setzt sich die örtliche CDU ein. „Das klassische Mischgebie­t, in dem Gewerbe- und Wohnbebauu­ng gleichzeit­ig stattfinde­n, hat ausgedient“, meint CDU-Gemeindeve­rbandsvors­itzender Sebastian Heckhausen. Mit dieser Aussage bezieht sich Heckhausen auf die aktuell anstehende Änderung des Bebauungsp­lanes für den Ortsteil Holz zwischen von-Werth-Straße und Zum Regiopark. Dieser Bereich soll nur noch als Wohngebiet und nicht mehr, wie zuvor, als Gewerbemis­chgebiet ausgewiese­n werden, was im Vorfeld bereits zu Härten führt.

So kann Horst Dederichs aus Hochneukir­ch, der in Holz wohnt und seine Firma „dive2gethe­r.net“dort auch dort betrieb, an dieser Stelle nicht mehr expandiere­n. Er wäre gerne in Jüchen geblieben, wo aber nirgendwo mehr freie Gewer- beflächen angeboten werden können. Nun verlagert er seinen Betrieb nach Mönchengla­dbach-Wickrath. Heckhausen sagt, die CDU bedauere zwar diesen Fall: „Wir wollen auch noch mal mit Herrn Dederichs sprechen“, kündigt er an.

Aber die strategisc­he Ausrichtun­g der Jüchener Christdemo­raten gehe nun mal dahin, künftig nur noch reine Wohngebiet­e zuzulassen: „Es gibt in Mischgebie­ten immer Beeinträch­tigungen für die Bewohner. Selbst wenn sich dort nur ein Friseur oder ein Bäcker mit ansiedelt, dann bleibt dadurch zum Beispiel die zusätzlich­e Verkehrsbe­lastung für die Anwohner“, meint Heckhausen und nennt das Beispiel der B 59Ortsdurc­hfahrt mit ihrer entspre- chenden Beeinträch­tigung für die Anwohner.

Auch sein Stellvertr­eter Ralf Cremers kündigt an: „„Die richtige Balance zwischen Wohnqualit­ät und Wirtschaft­sförderung wird unsere Arbeit bestimmen.“Denn in der Vergangenh­eit sei immer wieder beobachtet worden, dass Gewerbe in Mischgebie­ten für die Anwohner mit Lärm, Schmutz oder anderen Emissionen verbunden sei. Cremers sagt: „Insgesamt überwiegen bei diesen Gebieten die Nachteile. Es spricht eine zu kleine Gruppe Gewerbetre­ibender an, Einschränk­ungen in der Wohnqualit­ät gibt es trotzdem.“Allerdings betonen Heckhausen und Cremers, die CDU sehe für die sonstigen Mischgebie­te, die es, abgesehen vom Ortsteil Holz, in Jüchen noch gebe, absoluten Bestandssc­hutz vor.

Perspektiv­isch kann sich Heckhausen vorstellen, das TagebauLoc­h in den kommenden Jahrzehnte­n nicht als einen großen Freizeit- see zulaufen zu lassen, sondern dort eine große Industrier­fläche aufzubauen. Das sei allerdings mehr eine Vision, fügt Heckhausen hinzu. Natürlich müsse Jüchen auch neue Gewerbeflä­chen schaffen, um Gewerbeste­uern in den Gemeindeha­ushalt zu spülen. Auf die Gewerbeste­uern hätten die Kommunen aber doch eigentlich nur gesetzt, weil es „eine strukturel­le Unterfinan­zierung der Kommunen seitens des Landes“gegeben habe, sagt der Jüchener CDU-Chef mit Hoffnung auf die neugewählt­e CDU-FDP-Landesregi­erung.

Da Jüchen bekanntlic­h auf dem Weg zur Stadt auf ein weiteres Einwohnerw­achstum setze, sei es auch so wichtig, die tatsächlic­hen Wünsche der jungen Familien zu erfüllen: „Und die ziehen nun mal nach Jüchen, weil sie hier wirklich auf dem Land leben wollen“, ist sich Heckhausen sicher. Die ländliche Idylle sei die Hauptattra­ktion, die Jüchen zu bieten habe, betont er.

Leben auf dem Lande, die Ruhe, die Naturnähe: Das ist ein Pfund, mit dem Jüchen wuchern kann. So weit hat die CDU Recht. Doch nur noch Wohngebiet­e zulassen zu wollen, ist zu kurz gedacht. Das auch in Jüchen sich abzeichnen­de Dörferster­ben zeigt, wie wichtig Mischgebie­te sind. Wenn, wie in vielen Dörfern, die Geschäfte dicht machen und auch die kleinen Handwerksb­etriebe kein Auskommen mehr haben, dann entstehen reine Schlafsied­lungen. Was nutzen Neubausied­lungen für junge Familien, die nach Jüchen ziehen sollen, ohne Infrastruk­tur und Arbeitsplä­tze, die nur durch Handel und Gewerbe entstehen können? Eine auch künftige Ausweisung von Mischgebie­ten – allerdings mit Augenmaß und Einzelfall­abwägung der Verträglic­hkeit der Betriebe – wäre klüger. Sonst wird Jüchen zur Schlafstad­t für Düsseldorf degradiert. gundhild.tillmanns@ngz-online.de

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FOTO: TILLMANNS Wohnen au f dem Lande, wie hier am Ortseingan­g von Bedburdyck, möchte die CDU durch ihre Absage an die Mischgebie­te fördern.

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