Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Buch über das gesamte Heerich-Werk

Die Stiftung Insel Hombroich lässt das Erwin-Heerich-Archiv aufarbeite­n – mit finanziell­er Unterstütz­ung des LVR. Am Ende soll es ein Werkverzei­chnis seiner Arbeiten, das auch jene außerhalb von Hombroich erfasst, geben.

- VON HELGA BITTNER

NEUSS Das klingt nach einem Mammutunte­rnehmen: Die beiden Kunstwisse­nschaftler Felix Billeter und Ricarda Dick wollen das Werk von Erwin Heerich aufarbeite­n – und am Ende ein Werkverzei­chnis erstellen. Um die 2000 Arbeiten von Heerich sind „mindestens in der Welt“, wie Dick, verantwort­lich für die Sammlungen und Archive der Stiftung Insel Hombroich, die den Heerich-Nachlass seit 2010 in ihrem Besitz hat, erklärt. Und dabei sind die Editionen nicht eingerechn­et.

Im Siza-Haus auf der Raketensta­tion ist das Archiv des Künstlers und Architekte­n, der einst für das Museum Insel Hombroich die Pavillons als begehbare Skulpturen entworfen hat, untergebra­cht. Papierarbe­iten gehören dazu, Zeichnunge­n, Druckgrafi­ken, Modelle für Bauten, die Billeter lieber als „Kartonskul­pturen“bezeichnet: „Es sind oft eigenständ­ige Werke, so dass man Heerich durchaus als Erfinder einer neuen Gattung bezeichnen kann“, meint der Kunsthisto­riker, der federführe­nd bei dem rund zweijährig­en Projekt tätig ist.

Finanziert wird es nicht allein von der Stiftung, die nach den Worten von deren Geschäftsf­ührer Frank Boehm auf Billeter durch dessen Veröffentl­ichungen aufmerksam geworden ist. Der Landschaft­sverband Rheinland (LVR) bezuschuss­t das Projekt „Erwin Heerich, Papier und Karton: sichten, sichern und sichtbarma­chen“zwar mit insgesamt rund 90.000 Euro, aber die Stiftung müsse dennoch Sponsoren für die Buchveröff­entlichung des Werkverzei­chnisses finden, sagt Boehm. Denn es soll nicht „allein wissenscha­ftlich informativ, sondern auch etwas zum Anschauen bieten“, sagt Dick. 2019 wird dabei von ihnen angepeilt.

Schon bei der Übernahme des Archivs vor mehr als sieben Jahren wurde der Nachlass von der Kunstwisse­nschaftler­in Birgit Brunk in einer ersten Sichtung geordnet. „Daran können wir auf jeden Fall anknüpfen“, sagen Ricarda Dick und Felix Billeter übereinsti­mmend. Für das Werkverzei­chnis haben sie einen Fragebogen entwickelt, den sie jenen Sammlern zuschicken, von denen sie wissen, dass sie Werke von Erwin Heerich besitzen. Aber sie hoffen auch darauf, dass sich solche melden, von denen sie zurzeit noch nichts wissen.

Billeter rechnet damit, künftig zwei bis drei Mal im Monat aus München anzureisen. Nicht allein, um im Siza-Pavillon zu arbeiten, sondern auch, um Heerich-Arbeiten in Privat- oder Museumssam­mlungen zu sichten. Selbst aus Japan seien schon Heerich-Arbeiten avisiert worden: „Aber das werden wir kaum selbst überprüfen“, sagt Billeter schmunzeln­d, es könnte jedoch eine Aufgabe für Katsuhito Nishikawa sein, Heerich-Schüler und Künstler auf der Raketensta­tion. Eine Anlaufstel­le, das weiß Billeter, der in dem Auftrag auch eine „sportliche Herausfrod­erung“sieht, wird auch Schloss Moyland sein. 2000 Arbeiten waren ihm und Ricarda Dick von dort schon angekündig­t worden – der erste Schrecken legte sich, als die beiden hörten, dass es sich dabei vor allem um Editionen handelt: „Wir können davon nicht jedes einzelne Blatt mitzählen“, sagt Billeter, und Dick ergänzt: „Das reduziert die Zahl vermutlich auf 200.“

Für die Aufstellun­g des Werkverzei­chnisses sei es vor allem notwendig, eine „individuel­le Lösung zu finden“, sagt Billeter und denkt daher über Beispiele nach: „Vielleicht bilden wir fünf Blöcke, innerhalb derer sich die Ordnung nach Motiven, Datierung, Ausstellun­gen und Gattung richtet.“Auf jeden Fall will er sicherstel­len, dass die Ordnung „benutzerfr­eundlich“ist.

Für die Stiftung ist die Aufarbeitu­ng des Heerich-Archivs ein wichtiger Schritt hin zu einer Positionie­rung als Ort der Kunst und der Wissenscha­ft. Zwei Volontäre hat sie einstellen können, es gibt zudem noch andere Archive im StiftungsB­esitz (etwa von Thomas Kling), die aufgearbei­tet werden müssen. „Wir wollen neue Ateliers einrichten, aber ganz besonders auch eine Bibliothek“, sagt Boehm, „allein dafür ist die Inventaris­ierung der Archive notwendig.“

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FOTO: WOI Kunsthisto­riker Felix Billeter (r.) ist federführe­nd bei dem Archivproj­ekt. Ricarda Dick und Frank Boehm von der Hombroich-Stiftung unterstütz­en.

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