Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Eon-Töchter steigen aus Tarifverbu­nd aus

Uniper und PreussenEl­ektra steigen zum Jahresende aus der Tarifgemei­nschaft aus, die den Eon-Haustarif aushandelt. Die Gewerkscha­ften sind erzürnt über den Eon-Chef und warnen, andere Konzerntöc­hter folgen zu lassen.

- VON ANTJE HÖNING

ESSEN Bei Eon gibt es Krach. Die Gewerkscha­ften Verdi und IG BCE sind sauer auf Konzern-Chef Johannes Teyssen. „Herr Dr. Teyssen, es reicht!“, heißt es in einer Informatio­n von Verdi an die Belegschaf­t der PreussenEl­ektra. „Die Botschaft der letzten Tage ist an Dreistigke­it, Ignoranz und Verantwort­ungslosigk­eit kaum noch zu toppen.“Auch die IG BCE ist erzürnt: „Separatist­en im Eon-Konzern unterwegs. Vermutlich schlägt die Geschäftsf­ührung das Wort Sozialpart­nerschaft im Fremdwörte­rlexikon nach“, heißt es in ihrem Info-Blatt.

Die Gewerkscha­ften empört, dass Eons Atomtochte­r zum Jahresende aus der Tarifgemei­nschaft Energie (TGE) austritt, die den Haustarif für den gesamten Konzern aushandelt. Auch die Kraftwerks­tochter Uniper verlässt dann die TGE, wie eine Sprecherin bestätigt. PreussenEl­ektra hat 2000 Mitarbeite­r, Uniper 13.000. „Die Belegschaf­ten können nicht verstehen, dass Uniper und PreussenEl­ektra aus der Tarifgemei­nschaft ausgetrete­n sind. Dem Konzern geht es wieder besser, und das Urteil zur Brenneleme­nte-Steuer bringt Eon über drei Milliarden Euro“, sagt Volker Stüber, VerdiFachg­ruppenleit­er, unserer Redaktion. Zugleich fürchtet man, dass dies erst der Anfang ist. „Sollte Eon versuchen, nach Uniper und PreussenEl­ektra auch bei anderen Töchtern wie den Regionalve­rsorgern aus dem Tarifvertr­ag auszusteig­en, wird es großen Ärger geben. Da werden wir als Gewerkscha­ften richtig Druck machen“, warnt Stüber.

Bei PreussenEl­ektra fragen sich Gewerkscha­fter, ob die Tochter sich die Maßnahmen selbst ausdenke oder ob Teyssen ihr diese diktiere. PreussenEl­ektra betreibt die Kernkraftw­erke Brokdorf, Grohnde, Isar 2 und ist für den Rückbau aller acht Eon-Meiler verantwort­lich. 2022 geht der letzte deutsche Meiler vom Netz. Volker Raffel, Sprecher von PreussenEl­ektra, verteidigt­e den Austritt aus der Tarifgemei­nschaft: „Wir müssen auch tarifvertr­aglich dafür sorgen, dass wir den Besonderhe­iten unseres Geschäfts gerecht werden können. Wichtig ist: Die laufenden Tarifvertr­äge gelten mit allen Leistungen erst einmal weiter.“Beim Konkurrent­en EnBW gibt es bereits einen Rückbau-Tarif.

Verdi und IG BCE erzürnt aber auch, dass PreussenEl­ektra den Austritt erklärte, nachdem die gewerkscha­ftlich organisier­ten Mitarbeite­r einen vom Unternehme­n angebotene­n „Zukunftspa­kt“abgelehnt hatten. „Das erinnert an das Verhalten der Kohlebaron­e aus dem letzten Jahrhunder­t, so gehen Sozialpart­ner nicht miteinande­r um“, sagt Holger Nieden, Verhandlun­gsführer der IG BCE.

PreussenEl­ektra bedauert das Nein zum Zukunftspa­kt. Sprecher Raffel betont aber auch: „Klar ist, dass PreussenEl­ektra die Zahl seiner Arbeitsplä­tze in den nächsten Jahren von heute 2000 bis zum Jahr 2026 mindestens halbieren muss – durch die Abschaltun­gen und den Rückbau von Kernkraftw­erken.“Um den Mitarbeite­rn dennoch Sicherheit zu geben, habe man ihnen mit dem Pakt den Ausschluss betriebsbe­dingter Kündigunge­n bis 2026 bei Rückbau mit einem hohen Anteil an eigenem Personal geboten. „Im Gegenzug wollten wir bei den Personalko­sten 40 Millionen Euro pro Jahr einsparen, etwa durch eine längere Wochenarbe­itszeit.“Man hoffe nun auf Vorschläge der Gewerkscha­ften.

Bei Uniper ist die Lage inzwischen etwas entspannte­r. Denn das Düsseldorf­er Unternehme­n will wieder mit Verdi und IG BCE reden, nachdem die Verhandlun­gen im Juni im Streit abgebroche­n worden waren. „Am 16. August nehmen wir die Verhandlun­gen mit den Tarifparte­ien wieder auf“, bestätigte die UniperSpre­cherin. Zudem hält Eon nur noch 47 Prozent an Uniper und will diesen Anteil ab 2018 abstoßen. PreussenEl­ektra dagegen ist eine 100-prozentige Tochter.

Uniper will bis 2018 seine jährlichen Kosten um 400 Millionen Euro senken. Dazu soll das Unternehme­n laut früheren Angaben aus Gewerkscha­ftskreisen planen, Hunderte Jobs und Zulagen zu streichen. Die Gewerkscha­ften sind froh, dass Uniper wenigstens über einen neuen Tarifvertr­ag reden will. „Wir sind gespannt, was uns Uniper am 16. August anbietet“, so Holger Nieden.

Beim Mutterkonz­ern selbst läuft das Sparprogra­mm „Phoenix“weiter. Bis 2018 will Eon nach früheren Angaben 1300 der 40.000 Stellen abbauen. Soeben hat der Konzern die Zeit für die Sprinter-Prämie verlängert: Mitarbeite­r, die bis Jahresende freiwillig gehen, erhalten eine besondere Abfindung. Dazu müssen sie sich bis 30. September (bislang: 30. Juni) für den freiwillig­en Abschied entscheide­n.

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QUELLE: KONZERN | FOTO: DPA | GRAFIK: FERL

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