Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Fliegerbombe – größte Evakuierung seit Jahren
7000 Neusser mussten ihre Wohnungen verlassen, weitere 13.000 Anwohner durften sich zur Sicherheit nicht im Freien aufhalten.
NEUSS Die Entschärfung einer Zehn-Zentner-Weltkriegsbombe, die gestern Mittag bei Bauarbeiten am Weißenberger Weg gefunden wurde, hat die Stadt bis in die Nacht in Atem gehalten. Rund 7000 Neusser, die in einem engeren Gefahrenbereich von 500 Metern um die Fundstelle wohnen, mussten ihre Häuser und Wohnungen verlassen. Im erweiterten Gefahrenbereich galt „luftschutzmäßiges Verhalten“– dort durfte sich bis zur Entschärfung niemand im Freien aufhalten. Insgesamt waren rund 20.000 Menschen und zahlreiche Betriebe betroffen, darunter der Hauptbahnhof und die Senioreneinrichtung EliseAverdieck-Haus, die am Abend evakuiert wurde.
Die Stadt hatte in der Turnhalle am Further Kirmesplatz eine Aufenthaltsmöglichkeit geschaffen. 45 Mitarbeiter der Malteser, ein Einsatzleitwagen der Johanniter und ein Patiententransportwagen waren dort im Einsatz. „Da die Evakuierung so spät ist, rechnen wir mit vielen Menschen, die in die Turnhalle kommen“, sagte Tim Gladis, Einsatzleiter Rettungsdienste. Anwohnerin Inge Dreiling, die von der Evakuierung betroffen war, lobte das Engagement der Helfer: „Wir werden hier super versorgt.“Andere Neusser waren zum Teil samt Haustieren an der Turnhalle angerückt – wie Simone und Bernd Winkelmann, die ihre drei Katzen Shy, Lana und David mitgebracht hatten. „Es war seltsam, plötzlich die wichtigsten Sachen zusammenpacken zu müssen“, betonte Simone Winkelmann. Sie wurde um kurz nach 17 Uhr durch die Warn-App Nina über die anstehende Evakuierung informiert und hatte sofort ihren Mann angerufen, der mit dem Zug von der Arbeit kam.
Da auch der Neusser Hauptbahnhof in der Sicherheitszone lag, hielten dort ab 20.30 Uhr keine Züge mehr. Sie fuhren durch. Für die letzten Bahnreisenden, die am Neusser Hauptbahnhof ankamen, hatten die Stadtwerke Neuss einen Shuttle- Service zur Turnhalle am Further Kirmesplatz und zum Handweiser organisiert. Von dort konnten die Bürger dann weiterfahren.
Während der Bombenentschärfung stand der Bahnverkehr vorübergehend still: Die Züge warteten in diesem Zeitraum vor dem Hauptbahnhof. Die Rheinbahn leitete ab 20 Uhr die Linien U75, 709, 828 und 830 um. Auch der Busverkehr der Stadtwerke Neuss war ab 20.30 Uhr betroffen. Er wurde zum Teil unterbrochen und auf Teilstücken aus Si- cherheitsgründen eingestellt. Mike Wehner vom Kampfmittelräumdienst bereitete sich auf seinen Einsatz vor, der zunächst für 22 Uhr angesetzt war. Die Entschärfung verzögerte sich aber noch deutlich, da einige Leute ihre Wohnungen nicht verlassen wollten. Zudem gab es bettlägerige Personen, die noch in Krankenhäuser gebracht werden mussten. „Eine Evakuierung in dieser Größenordnung hatten wir zuletzt vor rund vier Jahren“, sagt Tobias Spange vom städtischen Pres- seamt. Damals wurde eine Weltkriegsbombe an der Römerstraße entschärft. Mike Wehner war dabei ebenfalls im Einsatz.
Der Einsatz zur Bombenentschärfung dauerte bis zum Druck dieser Ausgabe an.