Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Vier Künstler blicken auf Zeit und Raum

Marcus Kaiser, Julia Lohmann, Günter Thorn und Marcel Hardung stellen bis Ende September auf Schloss Reuschenbe­rg aus. Sie wollen Installati­onen und Objekte in den Fokus holen und haben alle an der Kunstakade­mie studiert.

- VON MARION LISKEN-PRUSS

NEUSS „Materialli­smus“(mit zwei l) heißt die neue Ausstellun­g auf Schloss Reuschenbe­rg, die Werke von Julia Lohmann, Marcel Hardung, Günter Thorn und Marcus Kaiser zeigt. Die Gruppenaus­stellung sei eine Wunschkomb­ination, sagt Julia Lohmann, denn gemeinsam ist ihnen, dass sie an der Kunstakade­mie Düsseldorf studiert haben – wenn auch in verschiede­nen Klassen und teils zu unterschie­dlichen Zeiten. Noch eines verbindet sie: Sie möchten Installati­onen, Skulpturen und Objekte wieder vermehrt in den Fokus rücken. „Denn die Videokunst und die Fotografie haben diese zunehmend verdrängt“, bedauert Marcel Hardung.

Voller Elan erläutern die vier Künstler, worum es ihnen bei der Ausstellun­g, die wieder Beate Düsterberg, Initiatori­n der Kunstiniti­ative Wurzeln und Flügel, auf den Weg gebracht hat, geht: um den realen Raum – im Gegensatz zum virtuellen Raum, um Zeit, Bewegung, Klang und haptische Erfahrung. „Und um die Spannung zwischen dem realem Raum und dem Material“, sagt Günter Thorn. Hinter den Installati­onen stehen gesellscha­ftspolitis­che sowie zeitkritis­che Fragestell­ungen. Und immer wieder fallen die Namen von Weggefährt­en und ehemaligen Lehrern: Joseph Beuys, Erwin Heerich, Otto Piene, Klaus Rincke oder Hardungs Vater Günther Uecker.

Zur Ausstellun­g gehört das „Große grüne Bild“von Marcus Kaiser. Es ist fast drei Quadratmet­er groß, monochrom in grün gehalten und zeigt den Blick in einen Urwald. Was an ein Foto erinnert, ist das Ergebnis monatelang­er Arbeit mit Pigmenttus­che, Bleistift und Aquarellfa­rbe. Wie lange er daran gearbeitet hat, verrät der Künstler nicht. Aber Zeit sei der dominieren­de Aspekt seiner Arbeit, sagt er und hebt das Thema auf eine politische Ebene: Sowohl an der Börse als auch bei der Halbwertze­it von Atommüll spiele Zeit eine zentrale Rolle.

Um Zeit geht es auch bei Günter Thorn. Er hat ein überdimens­ionales Mobile mitgebrach­t, in dem ein Magnet eine Glasscheib­e in einem zum Kreis geformten Moniereise­n im Gleichgewi­cht hält. Man fragt sich unwillkürl­ich, ob das funktionie­ren kann. „Es geht um den Zeitpunkt, bevor etwas kaputtgeht und darum, auf welch‘ dünnem Eis der Mensch lebt“, erläutert er.

Marcel Hardung wiederum schlägt einen Bogen von der Völkerwand­erung hin zu der Frage, wie die Menschen weltweit mit Wasser versorgt werden sollen. In seiner Installati­on „Rotation“halten sich ein mit Wasser gefüllter Eimer und ein den Atomkern darstellen­der Betonabgus­s die Waage. Verdunstet das Wasser, senkt sich der Atomkern. „Energie und Wasser bleiben die politische­n Themen unserer Zeit“, sagt er.

Die Wahl des Werkstoffs, den sie ganz unterschie­dlich verwendet, ist zentral für die Künstlerin Julia Lohmann. In einer frühen Arbeit, die aus dem Jahr 1986 stammt, hat sie Nessel verarbeite­t und Papier und Farbe darauf gespachtel­t. 30 Jahre später ist die Installati­on „Tor/Wellenempf­änger“entstanden. In dieser Arbeit dreht sich ein fast transparen­ter Nesselstof­f, der mit Tusche und Ölfarben bemalt ist, in einem Rahmen um die eigene Achse. Beide Arbeiten sind in der Ausstellun­g zu sehen.

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NGZ-FOTO: WOI Marcus Kaiser, Julia Lohmann, Günter Thorn und Marcel Hardung (v.l.) stellen in einer Gemeinscha­ftsschau auf Schloss Reuschenbe­rg aus.

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