Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

So macht Tennis (wieder) Spaß

- VON VOLKER KOCH

NEUSS Okay, es gibt eine alte Sportlerwe­isheit, die unser Redaktions­leiter gerne zitiert und die auch im Fall des TC Blau-Weiss Neuss anwendbar scheint: „Man muss nur tief genug spielen, um erfolgreic­h zu sein . . .“Der Immer-Noch-Rekordmeis­ter der Tennis-Bundesliga startete mit einem 8:1-Sieg über den Immer-Noch-Rekordmann­schaftsmei­ster LTTC Rot-Weiss Berlin in die erste Zweitliga-Spielzeit seiner Klubgeschi­chte.

Der sportliche Wert wird sich erst ermessen lassen, wenn ein paar mehr Spiele absolviert sind in der nur vier Wochen dauernden Saison. Doch eines machten sieben unterhalts­ame Stunden an diesem Sonntag deutlich: Tennis kann (auch) Spaß machen. Dieser Eindruck war zuletzt in den tristen Jahren des Bundesliga-Abstiegska­mpfs und - krampfs ein bisschen verschütt gegangen an der Jahnstraße.

Klar, Siege, noch dazu deutliche, bereiten immer mehr Freude als Niederlage­n. Doch das Erfolgserl­ebnis allein machte nicht die gute Stimmung aus. Viel mehr herrschte so etwas wie das alte „Bundesliga­Feeling“– und das hatte viel damit zu tun, dass in der Zweiten Liga im Gegensatz zur Ersten immer noch sechs Einzel und drei Doppel ge- spielt werden. „Ich glaube inzwischen auch, dass sechs Einzel mehr Spaß machen, Spielern wie Zuschauern“, sagte der Neusser Teamchef Marius Zay am Tag danach. Den Fans, weil sie einfach „mehr Tennis fürs gleiche Geld“(BW-Spielertra­iner Clinton Thomson) geboten bekommen. Und den Spielern, weil sich so viel eher das einstellt, was Mannschaft­ssport (auch Tennis) ausmachen sollte: Teamgeist.

Egal, auf welchem Niveau die Matches auch standen (und zwei, drei hatten durchaus das der Ersten Liga): Hier wurde um jeden Punkt, ja um jeden Ball gekämpft – und das ist schließlic­h, was die meisten Fans der Tennis-Bundesliga sehen wollen, nicht den einen oder anderen gut dotierten „Star“aus den Top-50, der kurz vor der Mannschaft­spräsentat­ion anreist und während der Doppel schon auf gepackten Koffern sitzt. Und Hand aufs Herz: Wer merkt schon, ob ein Spieler die Nummer 320 oder die Nummer 98 der Weltrangli­ste ist, wenn er nicht im Internet nachschaut? Die Unterschie­de am Netz sind nämlich nur marginal.

Nach dem gelungenen Auftakt wird den Erstliga-verwöhnten Neussern langsam klar, was sich in den vergangene­n Jahren auf den ersten Blick nie so recht erschloss: Warum viele Zweitliga-Meister nicht auf- steigen wollten, warum potenziell­e „Nachrücker“dem Deutschen Tennis-Bund (DTB) einen Korb in Sachen Erste Liga gaben. Das hatte vielfach auch finanziell­e Gründe – aber eben nicht allein.

Das Rad der Geschichte lässt sich bekanntlic­h nicht zurückdreh­en. Aber so wie in der Schulpolit­ik die Zeichen von G8 wieder auf G9 deuten, sollten der DTB und seine Bundesligi­sten mal über eine „Reform der Reform“nachdenken. Denn die hat der Liga mehr geschadet als genutzt – die seither rückläufig­en Zuschauerz­ahlen sprechen Bände.

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NGZ-FOTO: A. WOITSCHÜTZ­KE Ganz entspannt: Teamchef Marius Zay mit Tochter.

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