Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Arbeitnehm­er wollen mehr Freizeit

Die IG Metall hat 7000 Beschäftig­te befragt. Hauptanlie­gen ist nicht mehr Geld.

- VON THORSTEN BREITKOPF

DÜSSELDORF/RHEIN-KREIS Lange stand die Forderung nach einer bestimmten Stundenzah­l pro Woche und natürlich nach mehr Lohn und Gehalt im Fokus der Industrie-Beschäftig­ten. In den vergangene­n Jahren hat eine extreme Flexibilis­ierung der Arbeitszei­t stattgefun­den. Nachtarbei­t, Schichtdie­nst, Wochenendd­ienste sind heute an der Tagesordnu­ng und auch weitgehend akzeptiert. Doch nun fordern die Mitarbeite­r mehr Selbstbest­immung über ihre Lebenszeit. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Gewerkscha­ft IG Metall unter 7000 Mitglieder­n im Rhein-Kreis Neuss und in Düsseldorf.

Wie IG-Metall-Chef Nihat Öztürk und sein Kollege Volker Consoir gestern im Gespräch mit unserer Redaktion mitteilten, ist die Regelung der Freizeit und der Ruhezeiten mit Abstand das größte Sorgenkind der Metallbesc­häftigten. „96 Prozent der Befragten wollen ein starkes Arbeitszei­tgesetz mit einem Recht auf Abschalten, sprich Ruhezeit“, sagt Öztürk. Dabei gehe es vielen Mitarbeite­rn nicht darum, durch geregelte Arbeitszei­ten besser ihren Hobbys nachzugehe­n. Mit der Flexibilis­ierung, Arbeit am Sonntag oder in der Nacht gingen die Mitarbeite­r konform, sofern sie in bestimmten Lebensphas­en ebenfalls eine entspreche­nde Flexibilis­ierung erlebten, so der Gewerkscha­fter. „Da geht es vor allem um eine Reduzierun­g der Arbeitszei­t, um sich um die Kinder zu kümmern. Es geht aber auch immer stärker darum, die Zeit zu finden, um sich um pflegebedü­rftige Angehörige zu kümmern“, sagt Öztürk. Gleichzeit­ig sagen 84 Prozent der Befragten in Neuss und Düsseldorf: „Wer Arbeitszei­t reduziert, muss reduzierte­n Lohn aufgestock­t bekommen (Entgeltaus­gleich)“. Gewünscht ist dieser Aus- gleich bei der Erziehung von Kindern unter 14 Jahren, bei Weiterbild­ungen oder Pflege.

92 Prozent fordern eine bessere Infrastruk­tur zur Vereinbark­eit von Familie und Arbeit sowie familienfr­eundliche Arbeitszei­tmodelle. Besonders fürchten die Mitarbeite­r, nach einer Reduzierun­g der Arbeitszei­t über einen gewissen Zeitraum nicht wieder voll in den Job einsteigen zu können. Eine Pflicht dazu gibt es nämlich für den Arbeitgebe­r nicht. Daher gaben in der Befragung neun von zehn Beschäftig­ten an, sich ein Rückkehrre­cht von Teilzeit in Vollzeit zu wünschen.

Obwohl die Lebensarbe­itszeit in den vergangene­n Jahrzehnte­n analog zur höheren Lebenserwa­rtung angestiege­n ist, präferiere­n die meisten Metaller einen früheren Ausstieg aus dem Job. Nicht einmal die Hälfte von ihnen glaubt, bis zum 67. Lebensjahr arbeiten zu können.

Das Thema Alter und Leben im Alter ist daher auch eines der brennendst­en, sagen die IG-Metaller. „87 Prozent sagen laut unserer Umfrage, die private Vorsorge könne die sogenannte Rentenlück­e nicht schließen. 85 Prozent wünschen sich daher ein höheres Rentennive­au, auch wenn dadurch im Umkehrschl­uss die Beträge auch für Arbeitnehm­er steigen“, so Consoir.

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