Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Als der VfR 06 Neuss Geschichte schrieb

Am 13. August jährt sich zum 50. Mal der legendäre 5:4-Sieg des Regionalli­gisten über Bundesliga-Absteiger Fortuna Düsseldorf. Die Spieler von damals – sieben leben noch – treffen sich an diesem Tag, um Erinnerung­en aufzufrisc­hen.

- VON VOLKER KOCH

NEUSS Der 13. August 1967 war ein Sonntag. Ein ganz normaler Sonntag in Neuss, das damals gerade vier Jahre lang eine „Großstadt“war. Bis in den späten Nachmittag hinein – doch mit dem Schlusspfi­ff von Schiedsric­hter Hillebrand (Essen) im Stadion an der Hammer Landstraße war es mit der Normalität schlagarti­g vorbei.

Denn 13 Minuten vor jenem Schlusspfi­ff hatte Uli Kohn nach Flanke von Werner Tenbruck den Treffer zum 5:4 des VfR 06 Neuss gegen die gerade aus der Bundesliga abgestiege­ne Fortuna Düsseldorf erzielt – und damit eine Legende geschaffen. Über dieses Spiel, das erste der Regionalli­ga-Saison 1967/68, die der ein Jahr zuvor als Niederrhei­nmeister aufgestieg­ene VfR als Tabellenzw­ölfter beendete, reden manche heute noch, als wäre es gestern gewesen.

Vor allem die, die dabei waren – auf den mit 13.500 Zuschauern ausverkauf­ten Tribünen. Und auf dem Rasen. Sieben Spieler, ein Ersatzspie­ler und ein Betreuer leben noch aus der legendären Elf von Trainer Willi Koll. Und „weil wir uns nicht immer nur auf Beerdigung­en treffen wollen“, sagt Josef „Jupp“Kokesch (70), haben er und der damalige Mannschaft­skapitän Willi Traut (77) in Archiven gekramt, Adressund Telefonbüc­her gewälzt und so den Kontakt zu den anderen „Legenden“hergestell­t.

Das Ergebnis: Am 13. August, auf den Tag genau – es ist wieder ein Sonntag – 50 Jahre nach dem legendären Spiel kommt es zur Wiedersehe­nsfeier. Wo, wird nicht verraten: „Wir wollen unter uns bleiben“, sagt Willi Traut. Gleichwohl räumt er – ganz der Spielführe­r von einst – ein: „Wenn wir einen übersehen haben und der das liest, kann er sich gerne bei mir (02131/461890) melden.“Weil sechs Männern – den siebten, Karl-Heinz Sasserath, haben sie noch nicht ausfindig gemacht – trotz eines überreiche­n Anekdotens­chatzes vielleicht irgendwann der Gesprächss­toff ausgehen könnte, haben sie noch andere Spieler aus der „großen Zeit“des 1972 aus der Regionalli­ga abgestiege­nen VfR 06 eingeladen. Der gut vernetzte Hajo Lückgen (73) hat dabei geholfen.

Die Liste liest sich wie ein Geschichts­lexikon des Neusser Fußballs: Robert Begerau, am Montag 70 Jahre alt geworden, der von 1967 bis 1970 80 Regionalli­gaspiele für den VfR bestritt, wird kommen. Horst Hoeft, der demnächst 70 wird und für den VfR zwischen 1969 und 1972 spielte, ebenso. „Irgendwas Schiedsric­hter: Hillebrand (Essen) Zuschauer: 13.500 (ausverkauf­t) Tore: 0:1 Gerhardt (10.); 1:1 Hesse (16., Eigentor); 1:2 Iwanzik (17.); 1:3 Papies (39.); 2:3 Wolf (56.); 2:4 Gerhardt (62.); 3:4 Schäfer (69.); 4:4 Sasserath (72.); 5:4 Kohn (77.) Die Regionalli­ga Der VfR Neuss stieg 1966 als Niederrhei­nmeister in die damals zweithöchs­te deutsche Spielklass­e auf und spielte dort bis zum Abstieg 1972. Beste Platzierun­g war Rang acht in der Saison 1966/67. zwischen 30 und 40 Anmeldunge­n“hat Willi Traut auf seinem Zettel notiert. Im Mittelpunk­t sollen aber die Spieler stehen, die das 5:4 gegen die Fortuna möglich machten: Kokesch und Traut selber, Siegtorsch­ütze Uli Kohn, mit 80 Jahren der älteste aus der legendären Elf, Klaus Memmert (76), Werner Tenbruck (75), der aus Aachen, Peter Schäfer (72), der sogar aus Hamburg anreist.

Von Karl-Heinz Sasserath (70) fehlt ihnen noch die Telefonnum­mer. Hansi Schneiders (74), der als „Ersatzspie­ler“an jenem Tag nicht zum Einsatz kam, ist in Urlaub. „Er hat mich angefleht, den Termin zu verschiebe­n“, sagt Jupp Kokesch, „aber das können wir nicht machen: Jubiläum ist Jubiläum.“Dafür hat in Theo Körner der einzige noch lebende Betreuer zugesagt.

Vielleicht kommt auch HeinzGünth­er Hüsch (88) – der Neusser Rechtsanwa­lt und ehemalige Bundestags­abgeordnet­e gehörte damals dem Aufsichtsr­at an und ist das einzige „Vorstandsm­itglied“aus der damaligen Zeit, das das Trio noch ausfindig machen konnte. „Damals galt der VfR ja noch ’was in dieser Stadt“, sagt Jupp Kokesch und erinnert sich, dass zum entscheide­nden Spiel um den Regionalli­ga-Aufstieg im Jahre 1966 „sogar der damalige Stadtdirek­tor Kuhnt extra nach Lobberich gefahren ist, um uns zu gratuliere­n.“

Lange ist’s her. Traut und Kokesch haben das alles nicht nur im Gedächtnis gespeicher­t, sondern auch Berge von Zeitungsau­sschnitten, Fotos und Ordner mit Spielerdat­en parat. Die werden sie am 13. August natürlich mitbringen. Nur der WDR hat Kokeschs Anfrage, ihm für diesen Tag die fünf Minuten zur Verfügung zu stellen, die die „Sportschau“über das Legendensp­iel berichtete, abschlägig beschieden. Was nicht weiter schlimm ist: Vor lauter Erzählen würden sie wahrschein­lich eh nicht dazu kommen, sich den Filmaussch­nitt anzusehen.

 ?? NGZ-FOTO: ANJA TINTER ?? Ihre Vorfreude auf den 13. August steigt mit jedem Tag: Willi Traut, Josef „Jupp“Kokesch und Hajo Lückgen (v.r.) sind dabei, das große Jubiläumst­reffen aus Anlass des „Legendensp­iels“des VfR 06 Neuss zu organisier­en.
NGZ-FOTO: ANJA TINTER Ihre Vorfreude auf den 13. August steigt mit jedem Tag: Willi Traut, Josef „Jupp“Kokesch und Hajo Lückgen (v.r.) sind dabei, das große Jubiläumst­reffen aus Anlass des „Legendensp­iels“des VfR 06 Neuss zu organisier­en.

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