Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kneipenver­bot nach Tötungsver­such

Bis zum Antritt seiner Haftstrafe muss sich der Täter vom Opfer fernhalten.

- VON WULF KANNEGIESS­ER

Er muss demnächst wegen versuchten Totschlags für vier Jahre in Haft – und seine Stammkneip­e an der Flurstraße muss er bis dahin weiträumig meiden. So urteilte das Landgerich­t gestern über einen ExPlatzwar­t (68) eines Tennis-Clubs an der Hügelstraß­e, der im April seine langjährig­e Geliebte (57) in einer Gartenlaub­e auf dem Vereinsgel­ände fast erwürgt hätte. Nach 17 gemeinsame­n Jahren hatte die Frau ihm den Laufpass gegeben. Dass er aber geplant habe, die Ex-Partnerin deswegen heimtückis­ch zu töten, wie es zunächst in der Anklage wegen Mordversuc­hs hieß, ließ sich im Schwurgeri­chtsprozes­s jetzt nicht halten. Die Richter gingen von einer spontanen Tat im Affekt aus.

Er habe sich mit der Trennung der Frau nicht abfinden können, fasste das Landgerich­t das Motiv des bisher völlig unbescholt­enen Angeklagte­n zusammen. Der 68-Jährige hatte sich mit so deutlichen Worten schwergeta­n. Er habe die Frau „ein bisschen verhauen oder so“, hatte er nach der Tat der Polizei erklärt. Auch einen Selbstmord­versuch, bei dem er sich nach der Flucht vom Tatort am Unterarm verletzt hatte, spielte er später herunter.

Im Prozess blieb der Ex-Platzwart dabei, er habe der schreiende­n Frau bei einem Treff in der Gartenlaub­e nur den Mund zu halten wollen, sei dabei aber wohl „abgerutsch­t“– und nur dadurch sei seine Hand an ihren Hals geraten. Diesen Umgang mit den objektiven Tatbefunde­n quittierte die Staatsanwä­ltin in ihrem Plädoyer nun mit ihrer Forderung nach vier Jahren und zehn Monaten Haft. Von Heimtücke und einem geplanten Mordversuc­h am Opfer ging die Anklägerin aber nicht mehr aus. So entschied auch das Gericht, blieb mit vier Jahren Haft nur knapp unter dem Antrag der Staatsanwä­ltin. Positiv rechnete die Kammer dem 68-Jährigen das grundsätzl­iche Geständnis an, dass er sich Stunden nach der Tat gestellt hatte – und dass er wegen seines Alters wohl strafempfi­ndlicher sei als jüngere Männer.

Unter diesen Aspekten setzten die Richter ihn direkt nach dem Urteil sogar wieder auf freien Fuß. Bis er demnächst die Vorladung zum Strafantri­tt bekommt, muss er allerdings von der Wohnung seines Opfers und vom Tennisclub mindestens hundert Meter Abstand halten, muss auch sonst „einen weiten Bogen“um die 57-Jährige machen – und darf sich dem einst gemeinsame­n Stammlokal an der Flurstraße auch nur auf hundert Meter nähern.

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