Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Klassenunt­erschiede beim Reisen

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Die Ferien sind ein guter Gradmesser für die wachsenden sozialen Unterschie­de in der Gesellscha­ft. Da sind die Familien, die gerade Flieger besteigen, die sie an weit entfernte Ziele bringen. Ein Urlaub in Afrika, Kanada oder ein paar Tage New York sind inzwischen für manche Familien auch mit mehreren Kindern durchaus in Reichweite. Zugleich gibt es die Hierbleibe­r, Kinder, die ihre Tage im Freibad oder mit Jugendgrup­pen in Naherholun­gsgebieten verbringen, weil für Exotischer­es das Geld nicht reicht.

Natürlich ist überhaupt nicht gesagt, welcher Urlaub für die Kinder erfüllter sein wird. Am Ende zählen immer die menschlich­en Bindungen, die ein Jugendlich­er aufbauen konnte. Jahre später wird er sich sicher eher an den besten Freund auf dem Zeltplatz erinnern als an irgendwelc­he Besichtigu­ngsziele – und seien sie noch so spektakulä­r.

Wie Familien ihren Urlaub verbringen, ist keine reine Luxusfrage. Ökonomisch­e Unterschie­de wirken sich auch auf spätere Chancen von Kindern aus. Manche fühlen sich darum berufen, die Freizeit von Jugendlich­en mitzugesta­lten.

Allerdings macht es doch einen Unterschie­d, ob ein junger Mensch schon während seiner Schulzeit einen Eindruck von anderen Kulturen bekommen, sein Schulengli­sch, -spanisch oder -französisc­h mal ausprobier­en konnte oder ob die Nachtwande­rung durch den Wald in der Eifel die Herausford­erung seiner Sommerferi­en war.

Die Deutschen werden oft belächelt für ihre Sehnsucht nach sozialer Ausgewogen­heit. Und natürlich sind die Unterschie­de, die sich da im Urlaub abzeichnen, im Vergleich zu den Verhältnis­sen in vielen anderen Ländern lächerlich gering. Auch das kann man auf Reisen erleben. Doch gerade beim Thema Ferien wird deutlich, dass es zu einfach ist, Gleichheit­sdebatten als Sozialneid abzutun. Den gibt es sicher auch. Der rheinische Gelassenhe­itsgrundsa­tz „Man muss och jönne könne“mag manchen Leuten schwer fallen. Ökonomisch­e Unter-

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