Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der Bedeutung alter Ortsnamen auf der Spur

Als Sprachfors­cher beschäftig­t sich der Kleinenbro­icher Alfred Hunold mit der Herkunft alter Ortsnamen. Sechs Bücher erzählen davon.

- VON MARION LISKEN-PRUSS

KORSCHENBR­OICH Wo kommen eigentlich die Namen Kirsmichho­f, Nixberg oder Heiligenpe­sch her? Und was bedeuten sie? Wenn es um alte Orts- oder Straßennam­en geht, ist Alfred Hunold (80) ein gefragter Experte; schließlic­h hat er das Buch „Hinter’s Schild geschaut. Korschenbr­oicher Straßennam­en“geschriebe­n. Doch der Autor gibt sich bescheiden: Das habe er eher nebenbei verfasst, als ein Ergebnis seiner eigentlich­en Forschunge­n. Sein Augenmerk legt er vielmehr auf die Herkunft alter Sprachen und Wörter, die sich bis heute überwiegen­d in den Namen von Flüssen, Orten oder Bergen erhalten haben.

Das ist mühselig, aber spannend: „Der Sinn vieler Fluss- und Ortsnamen täuscht, weil ihre Bezeichnun­gen nicht aus dem Mittelalte­r stammen, sondern viel älter sind“, sagt er. Sechs Bücher hat Alfred Hunold in den zurücklieg­enden zehn Jahren veröffentl­icht und sich darin auf die Spurensuch­e nach europäisch­en Sprachen begeben, die vor mehreren tausend Jahren rund um Korschenbr­oich gesprochen wurden.

Geplant hat er das nicht. Es ist ein schwerer Schlaganfa­ll gewesen, der im Jahr 2007 sein Leben verändert hatte. Bis dahin war der studierte Diplom-Kaufmann seinen Hobbys nachgegang­en, hatte Kaninchen gezüchtet und in seinem Garten Gemüse angebaut. Seit seinem Schlaganfa­ll sitzt er im Rollstuhl und kann seine rechte Hand kaum bewegen. Doch aufzugeben kam für ihn nicht infrage. „Ich konnte ja noch denken und mit einer Hand auf der Tastatur tippen“, sagt er. Und er besann sich auf das, was ihn früher schon fasziniert hatte: die Erforschun­g längst ausgestorb­ener Sprachen.

Seine Frau habe damals stapelweis­e Fachbücher aus der Universitä­tsbiblioth­ek für ihn angeschlep­pt, erinnert er sich. Er hat Wörterbüch­er gewälzt und sich akribisch mit An- und Umlauten auseinande­rgesetzt. Seine These: Rund um Korschenbr­oich lässt sich der Einfluss von verschiede­nen Ursprachen ausmachen. Zunächst die indogerman­ische Sprache, die sich vermutlich durch halbnomadi­sche Hirtenvölk­er bis nach Europa und Indien verbreitet­e. Im Indogerman­ischen kann er eine weitere Sprachschi­cht nachweisen, nämlich die der Belger oder Eburonen, die sich um 50 vor Christus hier in die Gegend zurückgezo­gen hatten. Doch viele Namen von Siedlungen und Flüssen dürften bereits auf eine vor-indogerman­ische Sprache zurückgehe­n, sagt er. Und zwar auf die der Vaskonen – die Basken der Antike, die möglicherw­eise bald nach der letzten Eiszeit aus Richtung Süden einwandert­en.

Seine Augen mit den feinen Lachfältch­en leuchten, wenn er Ortsnamen analysiert: So sei der Mönchengla­dbacher Ortsteil Heiligenpe­sch zwar ein Wallfahrts­ort, habe mit einem Heiligen aber nichts zu tun. Sprachhist­orisch ließe sich der Ort vielmehr mit „Weidenbaum“übersetzen. Aktuell beschäftig­t er sich mit einem anderen Thema – der Ahnenforsc­hung. „Meine Forschunge­n beflügeln mich und geben mir Halt“, resümiert er.

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