Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Otto Lilienthals letzter Flug
Es sollte der letzte Flug des Tages werden, das hatte Otto Lilienthal seinem Mechaniker Paul Beylich versprochen. Beylich machte sich Sorgen, denn an diesem 9. August 1896 war ein wenig Wind aufgekommen. Lilienthal startete trotzdem mit seinem Flug-Apparat aus Weidenstöcken und Baumwolltüchern vom Hang des Gollenbergs in Brandenburg. Ein paar Schritte den Hang hinunter, dann hob er ab. Doch nach einigen Metern traf eine Windböe den Gleiter – Lilienthal stürzte in die Tiefe. Am Tag darauf erlag er im Alter von 48 Jahren seinen Verletzungen. Bis dahin hatte der Vater von vier Kindern wertvolle Pionierarbeit auf dem Gebiet der Luftfahrt geleistet. Gemeinsam mit seinem Bruder Gustav verfasste er das Werk „Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst“, das vielen Flugpionieren, unter anderem den Brüdern Wright, noch Jahre später als wissenschaftliche Grundlage diente. Doch Lilienthal wollte es nicht bei der Theorie belassen. Bis zu 2000 Flugversuche wagte er, ständig verbesserte er die Reichweite seiner Gleiter, jeder Versuch wurde akribisch ausgewertet. Nach seinem Tod erhielt Lilienthal ein Ehrengrab. Von den Worten auf seinem Grabstein, „Opfer müssen gebracht werden“, hieß es lange, es seien Lilienthals letzte gewesen. Stattdessen ging der verletzte Flieger davon aus, wieder zu genesen, und sagte: „Ich muss mich etwas ausruhen, dann machen wir weiter.“