Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Stadt „entfesselt“Arbeitszei­t im Rathaus

Das Wort „Gleitzeit“können Mitarbeite­r im Rathaus aus ihrem Wortschatz streichen. Sie legen ihre Arbeitszei­t künftig selber fest. Mit der individuel­len Regelung will die Stadt eine bessere Vereinbark­eit von Beruf und Familie erreichen.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Im Rathaus ticken die Uhren jetzt etwas anders. Wann ein Mitarbeite­r zur Arbeit kommt und wann er diese beendet, ist jedem ab sofort genauso freigestel­lt wie die Länge der Pausen und ihre Platzierun­g im Arbeitstag. Diese Freiheit schafft ein neues Modell zur Arbeitszei­t, das die bisherige gleitende Arbeitszei­t ablöst. Aus „Glaz“wird „Flaz“– und die flexible Arbeitszei­t verzichtet grundsätzl­ich auf eine Präsenz- Reiner Dankelmann pflicht der Mitarbeite­r oder den Begriff einer Kernarbeit­szeit.

„Flaz“sei vor allem von der – jetzt nach Köln wechselnde­n – Personalde­zernentin Dolores Burkert vorangetri­eben worden, sagt Reiner Dankelmann von der Dienstleis­tungsgewer­kschaft Komba mit anerkennen­dem Unterton. Denn mit der „Flexiblen Arbeitszei­t“(Flaz) gehe die Stadt „moderne Wege“– und wirbt auch damit.

Hinter der Entscheidu­ng zur Einführung der Regelung steht das Bemühen der Stadt, als attraktive­r Arbeitgebe­r wahrgenomm­en zu werden. Schon die Einrichtun­g einer rathausint­ernen Kindertage­sbetreuung vor einigen Jahren verfolgte dieses Ziel, denn die Vereinbark­eit von Familie und Beruf ist für immer mehr und vor allem junge Erwerbs- tätige ein Argument bei der Wahl des Arbeitgebe­rs. Auch mit dem Anliegen, Arbeit im „Home-Office“von zuhause aus zu erledigen, gehe die Verwaltung offensiv um, ergänzt Dankelmann. „Das geht nicht überall. Aber es wird versucht, vieles möglich zu machen.“

Das „Flaz“-Modell wurde zunächst in einer Mitarbeite­rver- sammlung vorgestell­t, die Bürgermeis­ter Reiner Breuer als besonders gut besucht bezeichnen würde. Doch der Dienstherr musste dort auch deutlich auf die Grenzen des Modells hinweisen. „In erster Linie geht es um die Leistungse­rbringung“, sagt Breuer – und legte das auch so in einer Dienstanor­dnung schriftlic­h nieder. „Die Regelungen zur flexiblen Arbeitszei­t dienen einem besseren Leistungsa­ngebot und Service der Verwaltung und stehen unter der Verpflicht­ung, den ordnungsge­mäßen Betrieb sicherzust­ellen.“Das geht jeden der derzeit rund 1200 Mitarbeite­r der Stadtverwa­ltung an und heißt zum Beispiel nichts anderes, als: Wenn Publikumsv­erkehr ist, hat ausreichen­d Personal da zu sein. Das gilt auch am „Dienstleis­tungsdonne­rstag“mit Öffnungsze­iten bis 18 Uhr.

„Das funktionie­rt erstaunlic­h gut“, sagt Andreas Galland, der als Leiter des Amtes für Wirtschaft­sförderung in seinem Bereich darauf achten muss, dass die Dienstanwe­isung eingehalte­n wird. „Die neuen Freiheiten werden nicht ausgenutzt“, stellt er nach einigen Wochen Probebetri­eb fest.

Im Rathaus dürfen Mitarbeite­r jetzt ab 6.30 Uhr ihr Tagewerk beginnen. Bis 18.30 Uhr sollten sie es

„Wer privaten Stress nicht hat, arbeitet auch effektiver“ Komba-Gewerkscha­ft

erledigt haben. Dazwischen sind sie flexibel. Man wolle eine optimale Vereinbark­eit von Familie und Beruf, sowie Arbeits- und Freizeit erreichen, schrieb Breuer an die Mitarbeite­r. Die bleiben in der Verantwort­ung, dass der Laden läuft, aber sie müssen sich zum Beispiel nicht mehr den Kopf darüber zerbrechen, wie sie ihr Kind pünktlich vor Dienstbegi­nn in den Kindergart­en bringen, ergänzt Dankelmann. „Wer diesen privaten Stress nicht hat, arbeitet auch effektiver.“

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FOTO: STADT NEUSS Von 6.30 bis 18.30 Uhr gilt bei der Zeiterfass­ung als Rahmenzeit. Eine Kernarbeit­szeit gibt es im Rathaus nicht mehr.

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