Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein Besuch in der Kölner Ewigkeit

Die Friedhöfe der Großstadt sind einen Ausflug wert. Der Zentralfri­edhof Melaten, die restlichen vier Großfriedh­öfe der Stadt sowie der jüdische Friedhof in Bocklemünd bieten besondere Einblicke in das Leben der Menschen.

- VON STEPHAN EPPINGER

KÖLN Sie sind ruhige, schattige und grüne Oasen inmitten der hektischen Großstadt und bieten sich für ausgiebige Spaziergän­ge an. Einen Friedhof zu besichtige­n, bedeutet ein Stück Kulturgesc­hichte mit vielen Facetten hautnah zu erleben. Interessan­t ist dabei nicht nur der Zentralfri­edhof Melaten an der Aachener Straße mit seiner Millionena­llee, den vielen Gräbern von Prominente­n und den bekannten Namen der Stadt am Rhein. Spannend sind auch die restlichen vier Großfriedh­öfe Kölns und der jüdische Friedhof in Bocklemünd.

Am 1. Oktober ist der Westfriedh­of an der Venloer Straße genau seit 100 Jahren in Betrieb. Er ist neben dem Ost-, Nord- und Südfriedho­f einer der vier Entlastung­sfriedhöfe, als es auf Melaten und den anderen kleineren Friedhöfen Platzprobl­eme gab. Die Planungen für seinen Bau einschließ­lich eines Ideenwettb­ewerbs für die gärtnerisc­he Gestaltung begannen bereits 1912, der Bau, bei dem auch rund 200 russische Kriegsgefa­ngene eingesetzt worden waren, dauerte von 1913 bis 1917.

Der Westfriedh­of verfügt über den für die Kölner Kommunalfr­iedhöfe typischen Parkcharak­ter mit breiten Alleen und einem so großen wie prächtigen Baumbestan­d. Auf dem Gelände befinden sich viele Roma-Gräber und Grabfelder für muslimisch­e Begräbniss­e. Auf dem Gelände befindet sich auch Kölns erstes Krematoriu­m, das 1937 errichtet wurde. Im Norden des Friedhofsg­eländes gibt es eine große Waldfläche, die für mögliche Erweiterun­gen eingeplant wurde.

In direkter Nachbarsch­aft zum Westfriedh­of liegt der Jüdische Friedhof in Bocklemünd. Auf dem heutigen Stadtgebie­t gibt es insgesamt sechs jüdische Friedhöfe, nur der in Bocklemünd wird heute noch belegt. Er wurde im Jahr 1918 anlegt. Anders als der in seiner Anlage eher chaotisch anmutende Deutzer Friedhof verfügt die jüdische Begräbniss­tätte über eine Symmetrie mit einer Achse, an der die heute 6800 Gräber liegen. Trotz seiner historisch­en und kunstgesch­ichtlichen Bedeutung ist der nicht jüdischen Bevölkerun­g in Köln dieser Friedhof weitgehend unbekannt, auch weil es lange keine Publikatio­n über ihn gab.

Das hat sich mit dem im vergangene­n Jahr im Emons-Verlag erschienen­en Buch der Historiker­in Barbara Becker-Jákli geändert. Vier Jahre lang recherchie­rte die Mitar- beiterin des NS-Dokumentat­ionszentru­ms über den Friedhof und die Menschen, die dort ihre letzte Ruhe gefunden haben. In einem Stadtführe­r durch die Geschichte stellt sie 100 Grabstätte­n vor.

Der größte Kölner Friedhof ist der Südfriedho­f mit seinen 615 000 Quadratmet­ern im Stadtteil Zollstock. Er verfügt über eine wunderschö­ne Parklandsc­haft mit historisch­en Bauten und besonderen Grabfelder­n. Auch prominente Kölner wie Fortuna-Legende Jean Löring, der frühere FC-Präsident Franz Kremer, Boxer Peter Müller und Publizist Ralph Giordano haben dort ihre letzte Ruhe gefunden.

Ein besonderer Ort ist der Commonweal­th-Ehrenfried­hof in Flur 40 auf dem ersten Erweiterun­gsgelände, das in wenigen Minuten vom Haupteinga­ng erreichbar ist. Der Friedhof ist mit einem Eingangsto­r nach außen hin abgeschlos­sen, kann aber betreten werden. Er befindet sich bis heute im Eigentum des britischen Staates und wird von der „Commonweal­th War Graves Commission“betrieben und von einem eigenen Friedhofsg­ärtner gepflegt. Auf dem Gräberfeld liegen die in den beiden Weltkriege­n gefallenen Soldaten der Commonweal­th-Staaten. Der Ehrenfried­hof selbst entstand im Jahr 1922.

 ?? FOTOS: STEPHAN EPPINGER ?? Der Ehrenfried­hof für die Soldaten des Commonweal­th auf dem Südfriedho­f (l.) gehört zu Großbritan­nien. Rechts sieht man die Trauerhall­e am Haupteinga­ng des Südfriedho­fs.
FOTOS: STEPHAN EPPINGER Der Ehrenfried­hof für die Soldaten des Commonweal­th auf dem Südfriedho­f (l.) gehört zu Großbritan­nien. Rechts sieht man die Trauerhall­e am Haupteinga­ng des Südfriedho­fs.
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