Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Streichertrio im Zeughaus mit einem vollkommenen Klang
Adrien Boisseau, Marc Bouchkov und Kian Solatani sind Solisten, aber verhelfen auch der Gattung Streichertrio zu neuer Blüte.
NEUSS Ganz im Schatten des Streichquartetts steht die Kammermusikgattung „Streichtrio“. Das jüngste Zeughauskonzert hat ihr zu neuer Blüte verholfen. Wohl wegen des vermuteten Schattendaseins blieben im Zeughausparkett auch etliche Lücken. Auch Abonnenten verpassten so die Chance, eine wunderbare Streicher-Dreieinigkeit in vollkommener klanglicher Exzellenz zu erleben.
Dafür sorgten drei junge Ausnahmetalente: Den belgischen Violinisten Marc Bouchkov (26) nannte vor kurzem die Neue Zürcher Zeitung „ein außergewöhnliches Talent“. Ihm geht es weniger um virtuose Technik, sondern ums Hören und die Intensität des Ausdrucks. Der Franzose Adrien Boisseau (Viola), ebenfalls gerade 26 Jahre alt, war bereits mit dem Quatuor Ebène, einem der weltweit besten Streichquartette, im Zeughaus. Der österreichisch-iranische Cellist Kian Soltani (25) gewann zuletzt in diesem Jahr den Leonard-Bernstein-Award. Alle drei haben sich in der Kronberg Academy kennen gelernt.
Im Taunus werden herausragende junge Streicher zu Solisten ausgebildet und auf eine internationale Karriere vorbereitet. Das Publikum hörte also drei Solo-Individualisten, die sich aber traumhaft miteinander verstanden sowie ein hinreißendes Programm gestalteten.
Die drei Streichtrios Opus 9 von Ludwig van Beethoven begründeten erst die klassische Gattung „Streichtrio“mit Violine, Viola und Violoncello. In der Nr. 1 G-Dur fanden sich die Musiker vor allem im zweiten Satz „Adagio“zu selten gehörter Klangpoesie zusammen, und spielten im Finalsatz ein expressives „Presto“, von dem man glaubte, dass sie das nicht durchhalten können. Sie konnten! Franz Schubert, der Meister des Unvollendeten, hat 1816 ein erstes Streichtrio in B-Dur geschrieben, das aber nur einsätziges Fragment blieb. Im freundlichen „Allegro“bezauberte vor allem der Dialog zwischen Violoncello und Violine.
Marc Bouchkov spielt ein edles, 1865 in Paris gebautes Instrument. Mit der selten zu hörenden „Serena- de C-Dur für Streichtrio op. 10“von Ernst von Dohnányi provozierten die drei Musiker Temperamentsausbrüche im Zeughaussaal. Der „ungarische Brahms“, Großvater von Klaus (früherer Hamburger Bürgermeister) und Christoph (Dirigent), blieb trotz seiner Lebensdaten (1877 – 1960) dem spätromanti- schen Stil verpflichtet. Spielfreude und klangliche Phantasie vermittelte Adrien Boisseau in der Romanze, bevor sich alle im Rondo-Finale zu einer grandiosen Doppelfuge vereinigten. Interessanterweise ist das Streichtrio in der zeitgenössischen Musik für bedeutende Komponisten wieder wichtig geworden wie seit Beethoven nicht mehr.
Marc Bouchkov, Adrien Boisseau und Kian Soltani lieferten mit dem Streichtrio von Bernd Alois Zimmermann ein faszinierendes Beispiel. 1944 geschrieben, steht es in der klassizistischen StrawinskyNachfolge und besitzt noch nicht die Vielfalt seiner späteren „pluralistischen“Komplexität. Das Publikum verabschiedete die Musiker mit sehr großen und lang andauernden Beifall!