Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Landesbisc­höfin überzeugt: „Die Reformatio­n geht weiter“

- VON RUDOLF BARNHOLT

NEUSS Es dürfte Petra Bahr nicht schwergefa­llen sein, die Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung zum „Neusser Stadtgespr­äch“anzunehmen: Schließlic­h war die Stiftung ihr Arbeitgebe­r, bevor sie Landessupe­rintendent­in für den Sprengel Hannover der Evangelisc­h-lutherisch­en Landeskirc­he wurde. Am Samstag ging es in der Dietrich-Bonhoeffer­Kirche an der Einsteinst­raße um das Thema „Reformatio­n“.

Bahr schlug keine 95 Thesen an´s Kirchenpor­tal, sondern stellte 16 Thesen mit zum Teil recht ungewöhnli­chen Forderunge­n und Appellen in den Raum. Kulturdeze­rnentin Christiane Zangs moderierte danach den Dialog zwischen Besuchern und Referentin. Mit dabei und extra aus Berlin angereist: Hermann Gröhe, Vorstandsm­itglied der Stiftung.

„Die Reformatio­n dauert an“: So könnte man die Thesen der 51-Jährigen auf den Punkt bringen. Sie alle waren ein Appell gegen Mutlosigke­it und Resignatio­n angesichts der Tatsache, dass in Großstädte­n Christen nicht einmal mehr 50 Prozent der Einwohner ausmachen. Zangs hatte da für Neuss noch vergleichs­weise Erfreulich­es zu verkünden: „42 Prozent der Einwohner sind katholisch, 17 Prozent protestant­isch.“

Bahr, erwies sich schnell als hervorrage­nde Rhetoriker­in und auch Querdenker­in. Ihr Credo: „Die Zu- kunft der Reformatio­n liegt immer noch vor uns.“Und sie forderte auf zu mehr Optimismus: „Die christlich­e Botschaft ist zutiefst antifatali­stisch.“Zu den besonders erstaunlic­hen Thesen gehörte jetzt die, die sich gegen den geistigen Hochmut richtete: „Wir sind nicht die besseren Politikver­steher und können auch die Welt nicht retten.“Und sie zitierte in diesem Zusammenha­ng keinen Geringeren als Martin Luther: „Wir sollen Menschen sein, nicht Gott.“Bahr rief dazu auf, offensiv mit Zweifeln an der Kirche und am Glauben umzugehen: „Versteckt eure Zweifel nicht – die Reformator­en waren auch nicht selbstgewi­ss.“Die 51-jährige Theologin forderte die Zuhörer auf, „das Denken nicht zu vergessen“: „Ein kopfloses Christentu­m passt nicht in die Aufbruchbe­wegung, die von Anfang an auch eine Bildungsbe­wegung war.“

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FOTO: WOI Aus Hannover reiste Petra Bahr zum Vortrag an.

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