Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein Stück Afrika mitten in Vorst

Viele Erinnerung­sstücke brachte Heidi van Bergen aus Tansania mit. Besonders hängt sie an einer Eingangstü­r – doch diese zieht bald um.

- VON VERA STRAUB-ROEBEN

VORST Behutsam zieht Heidi van Bergen die Haustür ins Schloss. Ein Lebensabsc­hnitt endet, ein neuer beginnt. Unter dem Namen auf dem Klingelsch­ild steht: „Njumba Mwenje Simba Furaha“. Das ist Suaheli und bedeutet übersetzt: „Haus des glückliche­n Löwen“. Schon bald wird es den Besitzer wechseln. „Die Villa Simba, wie ich es liebevoll nenne, ist verkauft“, sagt die 72-Jährige, als hätte sie sich inzwischen mit der Situation versöhnt.

Seit 1980 betritt sie dieses Gebäude, ihr Zuhause, durch eine echte Sansibar-Tür aus schwerem Mninga-Holz. Sie wurde in Dar-es-Salaam, übersetzt: Hafen des Friedens, individuel­l gefertigt. „Nun habe ich mir mein kleines Museum in dem halb so großen Anbau eingericht­et“, sagt die Witwe. „Das Haus wurde mir einfach zu groß.“Mit der schweren Eingangstü­r aus Afrika zieht auch ein Stück Erinnerung an ihren vor etwa zehn Jahren gestorbene­n Mann Rüdiger von Vorst in die baden-württember­gische Kleinstadt Murrhardt, auf den Bauernhof seiner Cousine. „So bleibt sie wenigstens in der Familie. Solch ein Erinnerung­sstück kann man nicht bei Fremden lassen.“

Heidi van Bergen erinnert sich noch genau daran, wie die Tür nach Deutschlan­d kam. Und warum. „Mein Mann war schon als kleiner Junge ein großer Abenteurer. Mit zwölf las er ein Buch über Afrika, und ihm war klar, dass er dort zumindest eine Zeit lang mal leben wollte.“Noch vor der Verlobung fragte er sie deshalb, ob sie sich vorstellen könnte, ihn zu begleiten – sie konnte. Die gelernte Drogistin schulte um, um in Afrika als Englisch-Korrespond­entin zu arbeiten

Weil ihr Mann Tansania – und auch Sansibar – so sehr liebte, ließ er eine der typischen Türen anfertigen, bevor es für das Paar zurück nach Deutschlan­d ging, um eine Familie zu gründen. Diese Art von Türen sieht man besonders häufig in Sansibars Altstadt Stonetown. Sie sind sehr groß und schwer und wurden in mühevoller Arbeit von Türenschni­tzern verziert, oft auch mit ebenso schweren Messingauf­sätzen, die einst von indischen oder arabischen Einwandere­rn gebaut wurden. „Als die Tür fertig war, wohnten wir schon längst in Grevenbroi­ch. Freunde von uns brachten sie uns 1980 in ihrem Container mit. Die Überfahrt muss viel teurer gewesen sein als die Tür“, sagt sie und lacht.

Dann habe sie zunächst im Flur gestanden, bis die van Bergens schließlic­h ein Haus passend zur Tür gefunden hatten, die Villa Simba. Doch nicht nur die Tür brachten sie mit: „Eine ganze Zeit lang hatten wir Affen, mit denen wir auch im Ort spazieren gegangen sind. Ein Waisenäffc­hen haben wir in Tansania bekommen, als es so klein wie eine Maus war. Irgendwie haben wir immer Aufsehen erregt, obwohl wir das gar nicht wollten“, sagt sie.

Eng, aber gemütlich hat sie ihren Anbau eingericht­et, den sie mit drei Katzen, einem Kakadu und einem Graupapage­i teilt. Trophäen – alle legal und angemeldet –, afrikanisc­he Figuren, viele Bücher und Fotos zieren jeden Zentimeter Wand. „Ich würde gerne noch einmal mit meinen Kindern nach Tansania reisen, um ihnen zu zeigen, wo ihre Eltern gelebt haben“, sagt sie.

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