Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Gute Anbindung – weniger Parkplätze
Aktuell werden die Vorschriften für die Zahl der Stellplätze bei Neubauten überarbeitet, es soll mehr individuelle Lösungen geben. Dort, wo es ein gutes ÖPNV-Netz gibt, können bisherige Pflichten wegfallen.
Der knappe Wohnraum ist die wohl größte Herausforderung, die mit dem Bevölkerungszuwachs in Düsseldorf einhergeht. Damit verbunden ist ein zweites Problem, das die Stadtplaner weiterhin umtreiben wird: der Mangel an Stellplätzen. Besonders in innenstadtnahen Vierteln klagen Anwohner seit Jahren über fehlenden Parkraum, andererseits gewinnen Alternativen wie Fahrrad und Rheinbahn an Bedeutung. Die Stadt überarbeitet aktuell die Stellplatz-Satzung. Die zuständige Dezernentin Cornelia Zuschke sagt: „An dieses Thema müssen wir ran.“
Sie sei dafür, dass man sich von Entwicklern nicht ausschließlich Stellplatz-Ablöse bezahlen lasse, erklärt die Beigeordnete: Die Mathematik müsse durch Verkehrs- und Erreichbarkeitskonzepte ergänzt werden, um Probleme zu lösen. „Wir müssen eher bereit dazu sein, uns zu fragen, wie eigentlich das Mobilitätsverhalten der Menschen in Düsseldorf heute aussieht. Und da wird die Antwort nicht an jedem Standort in der Stadt die gleiche sein.“
Schon jetzt wird immer häufiger versucht, mit individuellen Lösungen statt einer schlichten 1:1-Vorschrift zu arbeiten. Die Richtzahlen der nicht mehr gültigen Bauordnung NRW werden bei Büros nur angewandt, wenn der Bauherr kein Gutachten für eine individuelle Stellplatzberechnung vorlegt. Im Wohnungsbau hat die Stadt eigene Richtwerte festgesetzt, die bei der Nahverkehrs-Anbindung „sehr gute“, „gute“und „mittlere“Bereiche im Stadtgebiet unterscheidet (siehe nebenstehende Grafik). „Sehr gut“bewertet wird dabei ein weiter Ring um die Innenstadt bis nach Derendorf, Flingern, Oberund Unterbilk. Nur „mittel“werden die Randbereiche der Stadt – etwa Angermund oder Unterbach – sowie Niederkassel eingestuft.
„Bei den Projekten in der Nähe des Bahnhofs kann man sich zum Beispiel vorstellen, dass mit der Anbindung durch S-Bahnen, Straßen- bahnen und Busse schon vieles abgedeckt ist“, erklärt Zuschke. „In etwas ländlicheren Stadtteilen würden wir dann schon eher sagen: Baut da lieber mal ein paar Stellplätze mehr hin.“Wer im engmaschig angebundenen Bahnhofsviertel drei kleine Appartements bauen will, kann nach den Richtwerten der Stadt durchaus mit einem Stellplatz auskommen. Dagegen können beim Bau einer 200-Quadratmeter-Wohnung in Wittlaer („mittel“) gleich zwei Stellplätze fällig werden.
Bauherren haben außerdem die Möglichkeit, über ein Mobilitätsgutachten die Zahl der Stellplätze zu drücken. „Das wird im Amt für Verkehrsmanagement geprüft, und dann muss die Bauaufsicht sehen, ob wir das anerkennen können“, sagt Karl-Heinz Schrödl, stellvertretender Leiter des Bauaufsichtsamtes. Argumente können dabei CarSharing-Angebote, E-Bike-Stationen und ähnliche Einrichtungen sein. „Wir denken da in viele Richtungen“, betont Schrödl. „Es ist auch denkbar, dass ein Bauherr nachweist, dass alle im Gebäude ein Rheinbahn-Abo haben.“
Viele Unternehmen nutzen solche Möglichkeiten schon jetzt. Der Projektentwickler Catella will beispielsweise im geplanten Wohnviertel Living Circle in der Nähe des Hauptbahnhofs verschiedene Angebote machen: „Natürlich werden wir Carsharing-Stationen anbieten“, sagt Managing Director Klaus Franken. Eine Familie, die auf ein zweites Auto – und einen zweiten Stellplatz – verzichte, könne damit viel Geld sparen.
Die individuellen Fall-Entscheidungen über die Zahl der Stellplätze bedeuteten für das Bauaufsichtsamt mehr Aufwand, wie Schrödl sagt: „Aber den machen wir uns in diesem Fall gerne.“Man sei dabei für jede Idee erst einmal offen: „Auch wenn es etwas ist, woran wir selbst noch gar nicht gedacht haben.“Und ein Bauherr könne das Geld für solche Zusatz-Angebote oft wieder reinholen, weil er etwa die geringere Anzahl von Stellplätzen dann oberirdisch – mit weit geringeren Baukosten – realisieren könne.