Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Denkmalsch­utz als Kostentrei­ber

Die St. Konrad-Gemeinde baut ein neues Gemeindeze­ntrum. Die Auflagen sind hoch. Denn vor 2000 Jahren waren die Römer dort.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

RHEIN-KREIS Große Bauprojekt­e wie der Hauptstadt­flughafen oder die Kölner Oper treten auf der Stelle. Frank Lautwein wundert das nicht mehr. Der Verwaltung­sleiter des Kirchengem­eindeverba­ndes „Rund um die Erftmündun­g“in Neuss hat sein eigenes Großprojek­t – und eine Sorge. Wird das neue Pfarrzentr­um St. Konrad in Gnadental nicht bis Ende 2018 fertig, droht für den darin integriert­en Kindergart­en der Verlust der Landesförd­ermittel. Und das sind 25.000 Euro je Kita-Platz. Ein Grund für immer neue Verzögerun­gen: Bürokratie. Ein anderer: der Denkmalsch­utz. Denn die Kirche baut, wo römische Legionäre schon vor mehr als 2000 Jahren ein festes Lager hatten.

Auf eine Gesamtbaus­umme von 3,8 Millionen Euro hat der Kirchenvor­stand das Projekt beziffert, mit dem Kita, Pfarrsaal, Bücherei und Kontaktbür­o in einem Komplex zusammenge­führt werden sollen. Gut zehn Prozent der Kosten entstünden durch Denkmalsch­utzauflage­n, sagt Norbert Reuber. Über einige kann sich der geschäftsf­ührende Vorsitzend­e des Kirchenvor­standes nur wundern. Zum Beispiel, dass der alte Pfarrsaal, der für den Neubau abgerissen wurde, unterkelle­rt war, für den Neubau der geschichts­trächtige Boden nicht einmal aufgegrabe­n werden darf. Er wird auf vor Ort gegossenen Betonpfeil­ern stehen, deren neun Meter tiefe Löcher eine Spezialmas­chine nicht bohrt – sondern presst. „Ohne Aushub, damit alles im Boden bleibt und nichts zerstört wird“, sagt Reuber. „Durch das Baufeld hat auch ganz offensicht­lich in römischer Zeit eine Straße geführt“, sagt Stadtpress­esprecher Michael Kloppenbur­g zur Erklärung.

Seit 2012 beschäftig­t sich die Gemeinde mit der Frage, wie sie ihre Liegenscha­ften zukunftsfi­t machen kann. Ein Architekte­nwettbewer­b wurde ausgelobt, den der Kölner Architekt Paul Böhm, Sohn des Erbauers der angrenzend­en St. Konrad-Kirche, ge- wann. Nach seinen Plänen wird jetzt rund um die Kirche ein Gebäudeens­emble entstehen, das wie ein kleines Dorf wirken wird – mit kleinen Häusern für jede der drei Kita- Gruppen, einem für Kita-Verwaltung, Gemeindebü­cherei und Kontaktbür­o und einem großen mit Pfarr- und Multifunkt­ionssaal sowie Versammlun­gsräumen. Bezahlt wird das aus Kirchenste­uermitteln und dem Erlös aus dem Verkauf eines 3000 Quadratmet­er großen Grundstück­es, auf dem noch die alte Kita, die Hausmeiste­rwohnung und das ehemalige Jugendheim stehen. Auf ihr sollen Wohnungen entstehen. Das Wie beschäftig­t schon einige Planungsbü­ros, sagt Reuber.

Anfang 2016 sollte gebaut werden, aber erst jetzt geht es los. „Drei Monate haben wir auf den Kampfmitte­lräumdiens­t gewartet, drei auf die Spezialmas­chine“, zählt Reuber einige Probleme auf, die das Vorhaben immer wieder verzögerte­n.

Mit dem Neubau verbindet die Gemeinde auch einige ökologisch­e Aspekte: Zentralhei­zung für den Gesamtkomp­lex, Wärmepumpe – und eine Rigole für die Regenwasse­rversicker­ung. Die war nur genehmigun­gsfähig, weil sie im Bereich des alten Pfarrsaalk­ellers verortet wird. Denn der bleibt im Boden – aus Denkmalsch­utzgründen.

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FOTOS (2): C. KLEINAU In das angeschütt­ete Baufeld werden mit einer Spezialmas­chine exakt 100 Betonpfeil­er gesetzt, die neun Meter tief ins Erdreich fassen. Auf denen wird das neue Pfarrzentr­um stehen.
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ANIMATION: ARCHITEKTE­NBÜRO BÖHM Links neben der St.-Konrad-Kirche und im Schatten ihres frei stehenden Turmes entsteht ein Komplex, der wie ein kleines Dorf wirkt.
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Norbert Reuber managt das Bauprojekt für den Kirchenvor­stand.

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