Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein Mentoring fürs obere Management

Mit dem Projekt „ Jung.digital.innovativ“kehrt das an der RFH in Neuss angedockte Metis-Institut das klassische Mentoring um. Vorstände und Geschäftsf­ührer lernen von Schülern, worauf es in der digitalen Welt ankommt.

- VON ANDREAS BUCHBAUER

NEUSS Die Selfies in der WhatsAppGr­uppe zeigen, dass das Programm ankommt. Schüler sind dort mit Vorständen namhafter Unternehme­n zu sehen, meist kurz vor oder nach einem Erfahrungs­austausch mal eben mit dem Smartphone abgelichte­t. Im Forschungs­projekt „Jung.digital.innovativ“treffen die Jugendlich­en – sie sind in der Regel im Alter zwischen 16 und 17 Jahre alt – auf erfahrene Geschäftsf­ührer. Dahinter verbirgt sich ein ReverseMen­toring-Programm für das obere Management, initiiert von Metis (Europa-Institut für Erfahrung und Management). Die gemeinsame Forschungs­einrichtun­g der Rheinische­n Fachhochsc­hule (RFH) Köln und der FH Burgenland ist am RFHSitz in Neuss angedockt.

Beim Reverse-Mentoring-Programm wird das klassische Mentoring umgekehrt: Die jungen „Digital Natives“, die mit Smartphone, Social Media & Co. aufgewachs­en und vertraut sind, nehmen die erfahrenen Führungskr­äfte mit in die digitale Welt – und zeigen ihnen, worauf es darin ankommt.

Projektlei­ter ist Werner Bruns, der an der RFH als Honorarpro­fessor lehrt. Er fasst derzeit bereits die ersten Ergebnisse des Programms zusammen. Die Reaktionen aus der Wirtschaft seien durchweg positiv, Anfang des kommenden Jahres soll der Bericht zur ersten Phase des Pilotproje­kts fertig sein. „Die Führungskr­äfte können vom Wissen der Jüngeren profitiere­n – insbesonde­re, wenn es um die Digitalisi­erung geht“, sagt Bruns. Zudem lernen sie, wie die jungen Menschen denken, handeln, kommunizie­ren. Für Unternehme­n ergibt sich daraus ein Wissen, wie sie junge Menschen ansprechen – vom Branding bis hin zur Frage, welche sozialen Medien dabei wie eingesetzt werden.

Zudem gibt es einen Erfahrungs­austausch, der weit darüber hinaus geht, welche Apps am angesagtes­ten sind. Es geht auch um Fragen, wie die richtigen Reaktionen auf Kritik im Netz, wie Schüler die Unternehme­n und ihre Online-Präsenz sehen, sowie um Netzwerkku­ltur und Datensiche­rheit. Rund anderthalb Stunden sitzen Vorstände dabei mit Schülern zusammen. Die Faustregel: ein Geschäftsf­ührer, ein Schüler. „Im Anschluss erfolgt eine Evaluierun­g, die wir getrennt voneinande­r vornehmen. Das ist wichtig für das Protokoll der Ergebnisse“, sagt Bruns. Und eben diese Protokolle zeigen ihm, dass Metis mit dem Reverse-Mentoring-Programm ein Angebot geschaffen hat, das ankommt. Der Erfahrungs­transfer funktionie­rt und soll ausgebaut werden.

Werner Bruns spricht von zwei besonderen Herausford­erungen, die sich Unternehme­n derzeit stellen: der demografis­chen Evolution und der digitalen Revolution. „Die Digital Natives werden die Unternehme­nswirklich­keit in den kommenden Jahren komplett verändern“, sagt er. „Sie bringen viel mehr mit als das, was sie in der Ausbildung lernen.“Es geht um das Erfahrungs­wissen ihrer digitalen Lebenswirk­lichkeit.

Deshalb sei es wichtig, eine „Brücke zwischen den Generation­en“zu bauen. Für Firmen aber ergibt sich noch ein ganz anderer Effekt als Marken-Branding und das richtige Bespielen sozialer Medien. Die Unternehme­n können schon jetzt viel darüber lernen, wie ihre Mitarbeite­r von morgen ticken, worauf sie wert legen, was ihnen wichtig ist.

 ?? FOTO: ABU ?? Werner Bruns (l.), der an der RFH lehrt, und der wissenscha­ftliche Mitarbeite­r Stephan Jendreiek begleiten das Mentoring-Projekt.
FOTO: ABU Werner Bruns (l.), der an der RFH lehrt, und der wissenscha­ftliche Mitarbeite­r Stephan Jendreiek begleiten das Mentoring-Projekt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany