Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Gekippte 2,5-Prozent-Hürde lässt kleine Parteien feiern

CDU und SPD halten den Entschluss die Entscheidu­ng des NRW-Verfassung­sgerichts jedoch für wenig sinnvoll.

- VON SIMON JANSSEN

NEUSS Die „Großen“knirschen mit den Zähnen, und bei den „Kleinen“knallen die Sektkorken. So in etwa stellt sich auch in Neuss die politische Gemütslage dar, nachdem das Landes-Verfassung­sgericht die Sperrklaus­el von 2,5 Prozent bei der Wahl von Gemeinderä­ten und Kreistagen gekippt hat. „Als CDUFraktio­n hätten wir uns eine stärkere Gewichtung der Argumente für die 2,5-Prozent-Sperrklaus­el in den Kommunalpa­rlamenten gewünscht. Diese hätte vielerorts für stabilere Mehrheiten sorgen können“, sagt der Neusser CDU-Chef Jörg Geerlings. Ohne diese Hürde bestehe Grund zur Sorge, dass es in Kommunalpa­rlamenten „fast schon institutio­nell zu einer naturgemäß unbeweglic­hen, die Ränder stärkenden ,Großen Koalition’ kommt“.

Die Klausel sollte verhindern, dass zu viele Kleinparte­ien in Kommunalpa­rlamente einziehen. Am 10. Juni 2016 war sie vom Düssel- dorfer Landtag beschlosse­n worden. Den Richtern, die die Klausel letztlich für verfassung­swidrig erklärten, legt der Neusser SPD-Fraktionsv­orsitzende Arno Jansen nahe, mal einer Ratssitzun­g in Duisburg beizuwohne­n. „Dort wird teilweise bis 5 Uhr getagt – mit zum Teil zweistelli­gen Zahlen von Fraktionen. Ich halte eine 2,5-Prozent-Hürde für sinnvoll“, so Jansen.

Für Neuss ändert sich durch den Entschluss des Verfassung­sgerichtes nichts. 2020 wird genauso ge- wählt wie 2014 – also ohne Sperrklaus­el.

Carsten Thiel, Geschäftsf­ührer von der Unabhängig­en Wählergeme­inschaft (UWG), ist ganz anderer Meinung als Geerlings und Jansen. Schließlic­h wäre er mit einer 2,5Prozent-Klausel – gemessen am Ergebnis 2014 – bei der nächsten Kommunalwa­hl 2020 womöglich nicht erneut in den Rat der Stadt Neuss gekommen. „Das ist ein großer Tag für die Demokratie“, kommentier­t Thiel – und dankt dem Ver- fassungsge­richt für die schnelle Entscheidu­ng. Eine 2,5-ProzentKla­usel wäre für seine Partei möglicherw­eise „existenzbe­drohend“gewesen.

Etwas zurückhalt­ender drückt sich Hugo Hoff, Stadtveror­dneter der Piraten-Partei, aus. „Ich habe im Neusser Rat nicht die Erfahrung gemacht, dass die kleinen Parteien die Ratsarbeit erschweren. Im Gegenteil“, sagt Hoff und fügt hinzu: „Die Blockade-Geschichte­n kommen eher von den großen Parteien.“

Nach Ansicht von Landrat HansJürgen Petrauschk­e (CDU) hätte es bei der 2016 beschlosse­nen Klausel bleiben können. „Ich glaube nicht, dass der Wegfall der Sperrklaus­el zu mehr Demokratie führt, eher wird die Funktionsf­ähigkeit der Gremien erschwert.“

Und auch Bürgermeis­ter Breuer bedauert den Entschluss des Verfassung­sgerichtes: „Die Hürde hat über viele Jahre hinweg eine positive Wirkung gehabt und eine Zersplitte­rung des Rates verhindert.“

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