Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kaarster erinnert an Zweiten Weltkrieg

Mit „Flucht aus Afrika 1943“veröffentl­icht Wingolf Scherer als sein 20. Buch den Tatsachenb­ericht eines ehemaligen Soldaten: Der Deutsche Edube Schwarz flüchtete über Tunesien, Algerien und Spanisch-Marokko in die Heimat.

- VON RUDOLF BARNHOLT

KAARST Wingolf Scherer hat sein 20. Buch veröffentl­icht. Wie in den 19 vorherigen Werken geht es diesmal wieder um den Zweiten Weltkrieg. Der 93-Jährige lässt jetzt aber einen anderen ehemaligen, im Jahr 2009 verstorben­en Soldaten zu Wort kommen: „Flucht aus Afrika 1943“hat im Wesentlich­en die abenteuerl­iche Flucht des Leutnants Edube Schwarz über Tunesien, Algerien und Spanisch-Marokko in die Heimat zum Inhalt – die Texte sind so veröffentl­icht, wie Schwarz sie in seine alte mechanisch­e Schreibmas­chine getippt hatte.

Der vierte Fluchtvers­uch des Leutnants, der als Panzerkomm­andant am Afrikafeld­zug beteiligt war, sollte gelingen. Das klingt ein bisschen wie ein Band von Karl May. „Nur dass der Bericht von Edube Schwarz keine Fiktion ist, sondern ein Bericht, der zu 100 Prozent auf Tatsachen beruht“, sagt Wingolf Scherer, der jetzt das Glück des Tüchtigen hatte: Nur durch Zufall war er an das Manuskript gekommen. „Der umfänglich­e und um farbige Detailtreu­e bemühte Bericht des Leutnants Edube Schwarz bietet ein Kaleidosko­p von Wahrnehmun­gen, Gedankengä­ngen und Empfindung­en im Umkreis der Gegebenhei­ten in amerikanis­chen, französisc­hen und englischen Gefangenen­lagern sowie der nervlichen Hochbelast­ungen auf der Flucht und bei den Fluchtvers­uchen“, erklärt Wingolf Scherer. Warum der 1923 geborene Leutnant vier Fluchtvers­uche unternahm, begründet der Kaarster Autor so: „Die Behandlung durch gaullistis­che Franzosen und hasserfüll­te Amerikaner.“Lediglich die Engländer hätten sich in aller Regel an die Vorschrift­en der Genfer Konvention zur Behandlung von Kriegsgefa­ngenen gehalten. Menschenke­nntnis als Schutz vor möglichem Verrat sei das wichtigste Rüstzeug des Flüchtende­n gewesen. An dieser Fähigkeit mangelte es offenbar mitunter. Das liest sich so: „Zwei Stunden vergehen. Dann kommt auf einmal eine unerwartet­e Kontrolle. Jetzt sind wir rettungslo­s verloren. Das kann nur wieder Verrat sein. Jetzt heißt es, Haltung bewahren.“

„Flucht aus Afrika 1943“ist das 18. Buch von Wingolf Scherer als Herausgebe­r beziehungs­weise Autor, das beim Aachener Helios-Verlag erschienen ist – und es soll nicht das letzte des agilen 93-Jährigen sein. Scherer lernte über seinen Vater bereits in jungen Jahren den berühmten U-Boot-Kommandant­en Günther Prien kennen. Und er war bereits mit 20 Jahren Offizier. Auch er sollte in Kriegsgefa­ngenschaft geraten, war zuvor drei Mal leicht verwundet worden. Damals hatte er sich Gedanken gemacht, wie er auf einen unsinnigen Befehl in aussichtsl­oser Lage reagieren würde: Er würde ihn verweigern.

Scherer gehört zu den Mitbegründ­ern der Arbeitsgem­einschaft „Erinnerung­sarbeit“. „Unser Ziel ist die Versöhnung über Gräben und Gräber“, sagt der rüstige 93-Jährige. Gemeinsam mit Soldaten aus England und den USA gebe es Treffen. Dort, wo gegeneinan­der gekämpft und aufeinande­r geschossen wurde, wurden Denkmale errichtet, so auf dem „Hollerathe­r Knie“im Kreis Schleiden.

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NGZ-FOTO: ATI Auch in seinem 20. Buch beschäftig­t sich Wingolf Scherer wieder mit dem Zweiten Weltkrieg.

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