Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Kunst vom Vordenker der Zeitenwende
nichts am Hut. „Mit einer Mischung aus Entwürfen abstrakter Möbel, Musik und irgendwas habe ich mich an der Kunstakademie Nürnberg vorgestellt“, erzählt er lachend. Und damit nicht nur die Professoren dort begeistert, sondern später auch Tony Cragg, der ihn an der Düsseldorfer Kunstakademie als Meisterschüler aufnahm. Vor drei Jahren ist Hüls dann nach Neuss gegangen, seine anfängliche Skepsis, nach Neuss statt wie viele andere nach Berlin oder Köln zu gehen, hat sich inzwischen komplett gelegt.
Seine erste Neusser Schau ist indes mehr als ein Stück persönlicher Vergangenheitsbewältigung, sie zeigt die Kreativität eines Künstlers, der aus alten Dingen Neues schafft. Eine kupferfarbene „Mutterplate“der Vinyl-Zeit mit der A-Seite „Republik“und der B-Seite „Utopie“, einer Zeichnung vom Stier, der gerade die Europa „ent- oder verführt“, wie Hüls sagt, ist ein hochaktueller Kommentar zum Zeitenwandel. Denn sie kreist auf einem Plattentel- ler, aber der Tonarm liegt auf der letzten Rille: Die Musik ist aus, und es gibt nur noch dieses Kratzen und Knarzen.
Ausgefräste Stücke aus Vinylplatten verbinden sich in seinen Wandarbeiten mit Zeichnungen zu fast technisch wirkenden Collagen: handwerklich perfekt und manchmal mit Hintersinn kreiert – wenn sich das „weiße Rauschen“bei genauem Hinsehen etwa aus einem Strudel an Zahlen entpuppt. Da ist es denn wieder – die Vernetzung von analogem und digitalem Leben, die Hüls auch schon mal mit einem Synonym fürs Nähen/Vernähen deutlich macht: nämlich einem überdimensionalen Fingerhut.
Wie bei fast allen Konzeptkünstlern sind die Arbeiten von René Hüls nicht einfach konsumierbar. Sie stehen für eine Entdeckungsreise in die Welt hinter dem Offensichtlichen – und bringen manche Überraschung im eigenen Denken zutage. Hüls ist ein Vordenker und macht uns zu Nachdenkern.