Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Politik und Händler ohne Lösungsansatz
Fachwerk und kleine Läden prägen das Bild der Steinstraße. Wohnen im Erdgeschoss ist – auch im Pflegefall – nicht vorgesehen. „Wir wollen keinen Ausverkauf der Ortsmitte“, sagt CDU-Chef Bernd Scheufeld. Er sucht einen Kompromiss.
KORSCHENBROICH Die Korschenbroicher Kommunalpolitiker stecken in einer Zwickmühle: Sie wollen den belebten Ortskern Korschenbroichs auf jeden Fall beibehalten – haben aber auch Verständnis für das Anliegen der Familie Nöken. Magdalena Nöken möchte das frühere Ladenlokal in ihrem Elternhaus am Ende der Steinstraße für sich und ihren mittlerweile pflegebedürftigen Mann altengerecht umbauen und ebenerdig als Wohnung nutzen.
Doch so einfach ist das eben nicht: Der Bebauungsplan – wenn auch aus dem Jahre 1976 – ist noch gültig. Eine Ausnahmeregelung kann die Stadt auch nicht erteilen, sie wird in dem Bebauungsplan zugunsten des Einzelhandels ausdrücklich ausgeschlossen. „Der Charakter des Ortskerns soll auf diese Weise dauerhaft gesichert werden“, so der Beigeordnete Georg Onkelbach. Für ihn steht fest: „Wir als Stadt können hier gar nichts machen. In diesem Fall sind die Politiker gefragt.“
Und genau die tun sich mit „Wohnen in Geschäftsräumen“immens schwer. „Wir sehen das Problem und sind auch bereit, zu helfen“, erklärte Bernd Scheufeld, Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes Korschenbroich, auf Anfrage. Nur zum „Wie?“hat er keine Antwort. Scheufeld bezieht sich auf den gültigen Bebaungsplan und stellt fest: „Wir wollen den Ausverkauf des Ortskerns verhindern.“Allerdings sieht er auch die Not der Familie Nöken. „Wir werden uns zeitnah mit dem City-Ring treffen, um Möglichkeiten auszuloten, die in Härtefällen eventuell eine Ausnahme zulassen.“Für Christoph Kamper, Vorsitzender des City-Rings, steht fest: „Es muss eine Lösung gefunden werden, die zukunftsfähig ist. Wir haben als Mittelzentrum auch einen Nahversorgungsauftrag, den müssen wir für den Bürger sicherstellen.“Ohne das mit den 60 Mitgliedern abgestimmt zu haben, steht für Kamper fest: „Ein Bebaungsplan von 1976 muss überarbeitet werden, der ist nicht mehr zeitgemäß. Die Verantwortlichen müssen darüber nachdenken, ob es Vorgaben geben muss, die jedem Eigentümer gestatten, die vorhandene Geschäftsfläche in Teilen auch als Erdgeschosswohnung zu nutzen.“Diese Option will Kamper mit den Händlern diskutieren. Von einer „schwierigen Situation“spricht auch die SPD-Ortvereins- vorsitzende Barbara Romann. „Ich plädiere dafür, zunächst die neue Gestaltungssatzung zu beschließen, und erst danach eine Entscheidung zu fällen.“Ihr ist die Situation der Familie Nöken bekannt, doch als Juristin sagt klar: „Wenn wir jetzt etwas zusagen, würden wir einen Präzedenzfall schaffen.“Ihr ist es wichtig, dass die Interessen aller, der Kunden, Kaufleute und Eigentümer berücksichtigt werden: „Viele im Ort sagen, es muss alles so bleiben.“
Das Schicksal von Peter Nöken bewegt. Er ist pflegebedürftig, lebt im ersten Stock und kann im eigenen Haus nicht umziehen. Wohnen im Erdgeschoss lässt der für die Steinstraße gültige Bebauungsplan von 1976 nicht zu. Der Einzelhandel soll die Nahversorgung garantieren und der historische Ortskern nicht an Attraktivität einbüßen. Unabhängig von Einzelschicksalen gibt es aber auch gesellschaftliche Veränderungen – auch im Kaufverhalten. Große Zentren und das Internet-Angebot erfordern eine Überarbeitung der Vorgaben. Korschenbroichs Politiker müssen umdenken. Große Läden mit vielen Quadratmetern Verkaufsfläche im Ortskern sind längst nicht mehr zeitgemäß. ruth.wiedner-runo@ An die Stadtplaner gewandt, drängt Romann auf die Vorlage der Satzung: „Der Bebauungsplan wird ihr angepasst.“Die Gestaltungssatzung wird im Planungsausschuss vorgestellt und soll – laut Romann – im ersten Quartal 2018 beraten werden: „Danach wissen wir mehr.“Die Bauverwaltung weist aber jedwede Kritik zurück: „Die Satzung wurde bereits im Fachausschuss vorgestellt und liegt den Fraktionen seit zwei Monaten zur Beratung vor.“
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