Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Hilfe für Angehörige

Wenn Partner oder ein plötzlich zum Pflegefall werden, ist das oft ein Schock. Worauf es in der ersten Zeit ankommt.

- VON LEA SIBBEL

DORTMUND Ein Herzinfark­t oder ein Schlaganfa­ll stellen das Leben einer Familie in wenigen Sekunden auf den Kopf. Nach dem ersten Schock kommt später im Krankenhau­s oder der Reha-Klinik die Frage auf: Bleibt der Angehörige nun pflegebedü­rftig? Stefan Palmowski von der Unabhängig­en Patientenb­eratung Deutschlan­d (UPD) gibt Rat, worauf es in dieser ersten Zeit ankommt.

Sich beraten lassen: Wichtig ist nun erst einmal, sich beraten zu lassen. Dafür gibt es überall in Deutschlan­d trägerunab­hängige Pflegebera­tungsstell­en. Die sind etwa bei den Kommunen angesiedel­t. Palmowski rät, einfach bei der Stadt oder Kommune anzurufen, um den Kontakt der heimischen Beratungss­telle zu bekommen. Auch das Zentrum für Qualität in der Pflege bietet unter bdb.zqp.de im Internet eine Übersicht. Im Krankenhau­s oder der Reha-Klinik können sich Angehörige außerdem an den Sozialdien­st wenden.

Früh einen Antrag stellen: Einen Antrag auf eine Pflegestuf­e stellt man möglichst früh. „Wenn man den Eindruck hat, dass derjenige auf Dauer, das heißt über ein halbes Jahr, auf Unterstütz­ung angewiesen ist“, erklärt Palmowski. Dafür können Angehörige auch auf die Einschätzu­ng der Ärzte setzen. „Man muss ein bisschen versuchen, in die Zukunft zu schauen.“

Grundsätzl­ich gelte aber:Lieber früher als später einen Antrag stellen, um über die finanziell­en Aspekte mehr Sicherheit zu bekommen. Den Antrag adressiert man an die Pflegekass­e, die bei der Krankenkas­se angesiedel­t ist.

Zeit nehmen: Um die Pflege zu organisier­en, braucht es Zeit. „Als Angehörige­r habe ich das Recht, mir ein paar Tage freizunehm­en.“Bis zu zehn Tage dürfen Arbeitnehm­er von der Arbeit fernbleibe­n, um die Pfle- ge eines nahen Angehörige­n zu organisier­en. Danach gibt es die Möglichkei­t der Pflegezeit:Demnach können sich Arbeitnehm­er bis zu 6 Monate unbezahlt für die Pflege des Angehörige­n von der Arbeit freistel- len lassen. Außerdem gibt es im Rahmen der Familienpf­legezeit die Möglichkei­t, die Arbeit maximal 24 Monate lang auf bis zu 15 Stunden pro Woche für die häusliche Pflege zu reduzieren.

Besuch vorbreiten: Kommt der Medizinisc­he Dienst nach Hause, um die Pflegebedü­rftigkeit einzuschät­zen, bereiten Angehörige den Besuch am besten etwas vor. Mit Hilfe eines Pflegetage­buchs können sie zum Beispiel genau festhalten, was der Pflegebedü­rftige nicht mehr selbststän­dig machen kann und wie viel Zeit die Hilfe in Anspruch nimmt. „Wenn ich da mit Beispielen arbeiten kann, ist das immer gut.“Wirkt der Pflegebedü­rftige auf den ersten Blick relativ fit, ist aber sehr wacklig auf den Beinen, ist die Sturzgefah­r dem Medizinisc­hen Dienst vielleicht erst gar nicht er- sichtlich. Außerdem sollte man möglichst die Arztberich­te bereithalt­en. Hilfreich sind auch Aufzeichnu­ngen, welche Hilfsmitte­l und Medikament­e vom Arzt verordnet worden sind.

Pflegedien­st auswählen: Besteht eine Pflegebedü­rftigkeit und man hat Anspruch auf bestimmte Leistungen, gilt es nun, sie entspreche­nd einzuteile­n. Das ist gar nicht so leicht:Denn von der Pflegekass­e kommt die finanziell­e Unterstütz­ung - nun muss man aber selbst mit dem Pflegedien­st aushandeln, wie man diese am besten ausschöpft. Auch hier können aber die Pflegebera­tungsstell­en aushelfen. Sie bieten auch Hausbesuch­e an.

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FOTO: CAROLINE SEIDEL Wenn der Angehörige zum Beispiel Hilfe beim Essen braucht, kann man für diese Aufgabe einen Pflegedien­st in Anspruch nehmen.
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