Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Koalition will Karrenberg-Schule behalten

Finanzpoli­tiker verpassen ihr Ziel, zwei Millionen Euro einzuspare­n. Grund: Die Förderschu­le auf der Furth wird nicht an den Kreis übertragen. Der Finanzauss­chuss winkt Haushalt 2018 mit einem (strukturel­len) Defizit einstimmig durch.

- VON LUDGER BATEN

NEUSS Die Stadt – und mit ihr die Ratsvertre­ter – lernen, mit roten Zahlen zu leben. Der nächste Etat wird einen Fehlbetrag von 66 Millionen Euro ausweisen. Doch das macht niemanden nervös, denn 2018 bezahlt Neuss die Zeche für einen besonderen Geldsegen: Im Frühling nahm Kämmerer Gensler eine einmalige Gewerbeste­uer-Zahlung von Johnson & Johnson entgegen, die fällig wurde, da das Unternehme­n mit Sitz in Rosellen eine Holding-Verlegung nach Wien vollzog. Die Mehreinnah­men von 152 Millionen Euro führen zu höheren Umlagen und Abgaben, die im kommenden Jahr zu Buche schlagen.

Unter dem Strich profitiert Neuss von der Zahlung natürlich. So baut sich die Ausgleichs­rücklage der Stadt wieder auf, so dass sie mit 58,4 Millionen Euro wieder das Niveau von 2007 erreicht als das Neue Kommunale Finanzmana­gement (NKF) eingeführt wurde. Dieses Finanzpols­ter lässt die Stadtveror­dneten ruhig schlafen, obwohl – um Sondereffe­kte bereinigt – 2017 und 2018 im Ergebnis so abschließe­n, wie es vor der Gewerbeste­uer-Überraschu­ng war und ab 2019 auch wieder sein wird: Neuss hat ein strukturel­les Haushaltsd­efizit von rund 10 Millionen Euro. Nicht schön, aber verkraftba­r. „Im Vergleich zu anderen Städten“, sagt Kämmerer Frank Gensler, „steht Neuss gut da.“

Wer so viel Geld auf der hohen Kante weiß, der bringt Etatberatu­ngen schnell hinter sich. Gestern winkte der Finanzauss­chuss in zweieinhal­b Stunden das Zahlen- werk mit 473 Millionen Euro Einnahmen und 539 Millionen Euro in den Aufwendung­en durch. So schnell ging’s noch nie. Dass sich das Defizit gegenüber dem Entwurf vom September um rund elf Millionen Euro verringert, ist der Ankündigun­g der schwarz-gelben Landesregi­erung zu verdanken, den so genannten Kommunal-Soli wieder abzuschaff­en. Dadurch verbessert sich Neuss um 10,5 Millionen Euro.

In Geberlaune sattelten die Finanzpoli­tiker noch rund 300.000 Euro auf, um Neusser Spielplätz­e zu renovieren. Die schwarz-grüne Ko- alition hatte diese bisher nicht vorgesehen­e Finanzspri­tze beantragt.

Der Ausschuss beschloss auch ein so genanntes Konsolidie­rungspaket. Eine interfrakt­ionelle Arbeitsgru­ppe hatte Sparmaßnah­men in allen Dezernatsb­udgets identifizi­ert. Am Ende kamen 730.000 Euro zusammen. So verfehlten die Politik ihr selbst gestecktes Ziel von zwei Millionen Euro. Aber auch darüber regte sich kein Stadtveror­dneter auf. Schwarz-Grün weigert sich, die Herbert-Karrenberg-Schule an den Rhein-Kreis zu übertragen, der gewillt ist, kreisweit alle Förderschu- len – analog zu den Berufsschu­len – zu führen. Beratungen sollen im Schul- und später wieder im Finanzauss­chuss erfolgen. Erklärte Gegner der Schul-Übertragun­g sind die Grünen. „90 Prozent der Kinder, die in die Karrenberg-Schule gehen, kommen aus Neuss“, sagt Fraktionsc­hef Michael Klinkicht, „warum sollen wir unsere Kinder in die Obhut des Kreises geben?“Zuvor hatte die Verwaltung vorgerechn­et, dass jährlich Verbesseru­ngen bis zu 1,3 Millionen Euro für Neuss möglich seien . . . aber der Rat hat gelernt, mit roten Zahlen zu leben.

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FOTO: WOI Die Herbert-Karrenberg-Förderschu­le wird zu 90 Prozent von Schülern aus Neuss besucht. Darum wollen CDU und Grüne sie nicht an den Kreis übertragen.

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