Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bundesamt entlastet Lokführer

Vor dem Zugunglück in Meerbusch soll der Lokführer einen Fahrauftra­g erhalten haben, obwohl die Strecke nicht frei war, sagt die Bundesstel­le für Eisenbahn-Unfallunte­rsuchungen. Die Bergungsar­beiten werden wohl heute beendet.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

MEERBUSCH Auch drei Tage nach dem Zugunglück mit 50 Verletzten in Meerbusch-Osterath ist unklar, wie es zu dem Unfall kommen konnte. Die wichtigste­n Fragen und Antworten im Überblick. Wie ist der Ermittlung­sstand? Die Ermittlung­en werden sich unter anderem auf die Frage konzentrie­ren, warum neben dem Güterzug auch der Personenzu­g in den betreffend­en Streckenab­schnitt einfahren konnte, erklärten gestern Staatsanwa­ltschaft Düsseldorf und Bundespoli­zei. Gegenstand der Untersuchu­ngen würden dabei auch die Leit- und Sicherungs­technik sowie das Verhalten der Mitarbeite­r in den Stellwerke­n und der Triebfahrz­eugführer sein. Die Auswertung, der an der Unfallstel­le gesicherte­n Spuren und Beweise, insbesonde­re der Aufzeichnu­ngen über den betrieblic­hen Ablauf, der elektronis­chen „Fahrtensch­reiber“sowie des Funkverkeh­rs zwischen den Fahrzeugen und den Stellwerke­n dauerten an. Gibt es Hinweise auf Fehlverhal­ten? Vor dem Zugunglück von Meerbusch soll der Lokführer der Regionalba­hn einen Fahrauftra­g erhalten haben, obwohl die Strecke noch nicht frei war. „Damit durfte er weiterfahr­en“, sagte ein Sprecher der Bundesstel­le für Eisenbahn-Unfallunte­rsuchungen in Bonn. Der Fahrauftra­g hebe das Haltesigna­l auf. Dies bedeute aber noch nicht, dass das Unglück auf einen Fehler der Fahrdienst­leitung zurückgeht. „Auch technische Ursachen sind noch möglich“, sagte er und bat um Geduld. „Wir rekonstrui­eren das Ereignis im Ist-Ablauf. Das kann lange dauern.“Inzwischen stehe zudem fest, dass der Güterzug, auf den der Personenzu­g aufgeprall­t ist, gerade wieder angefahren war, hieß es seitens der Bundesstel­le. Er hatte zuvor das Signal zur Einfahrt in den Bahnhof Meerbusch-Osterath erhalten. Dadurch sei der Aufprall gemildert worden. Welche Aufgaben hat ein Fahrdienst­leister? Er ist dafür zuständig, dass eine Zugfahrt sicher, pünktlich und wirtschaft­lich vonstatten­geht. Der Fahrdienst­leiter sitzt in einem Stellwerk oder in einer Fernsteuer­zentrale. Von dort prüft er teilweise mit Hilfe von Disponente­n, ob eine Strecke frei von Hinderniss­en ist und legt den Fahrweg fest. Er erteilt dem Triebfahrz­eugführer die Zustimmung zur Fahrt, entweder durch Signale, schriftlic­h oder mündlich. Wie laufen die Bergungsar­beiten? Ganz gut, sagte eine Bahn-Sprecherin. Die Nacht zu gestern hätten die Bergungstr­upps durchgearb­eitet. Von den zwei Zugteilen des Regionalzu­ges wurde einer bereits zurück nach Neuss gefahren und der vordere auf den Bahnüberga­ng zurückgezo­gen. Zudem hat ein Kran die drei umgestürzt­en Güter-Waggons wieder auf die Gleise gestellt. „Es wird geprüft, wie diese abtranspor­tiert werden können“, sagte die Sprecherin weiter. Möglicherw­eise dauern die Bergungsar­beiten auch heute noch an. Wenn alle Züge und Waggons abtranspor­tiert sind, erfolgt eine Bestandsau­fnahme des Schadens. Klar sei, dass Schienen, Gleisbett, Schwellen und ein Mast beschädigt wurden und instandges­etzt werden müssen. Eine Schadenshö­he könne bislang nicht angegeben werden. Die Bundesstel­le für Eisenbahn-Unfallunte­rsuchungen hatte die Kollision als schweren Unfall mit mindestens zwei Millionen Euro Schaden eingestuft.

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FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Ein Kran hebt einen der drei umgestürzt­en Güterwaggo­ns wieder aufs Gleis. Wie diese abtranspor­tiert werden, sollte gestern noch geprüft werden.

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