Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Babette Albrecht verliert im Aldi-Streit

Im Machtkampf bei der Jakobus-Stiftung erklärt ein Oberverwal­tungsgeric­ht eine Satzungsän­derung für wirksam, die den Einfluss der Witwe von Berthold Albrecht beschneide­t. Die Gerichtsen­tscheidung ist endgültig.

- VON GEORG WINTERS

SCHLESWIG Dass die drei Stiftungen, denen der Discounter Aldi-Nord gehört, nach drei Aposteln benannt sind, könnte man als Zeichen christlich­en Friedens zwischen den Beteiligte­n im nördlichen Teil des Aldi-Imperiums werten. Davon sind die Protagonis­ten aber weit entfernt. Im Gegenteil: Bei der Jakobus-Stiftung streiten die Erben des toten Firmengrün­ders Theo Albrecht und jene seines im November 2012 verstorben­en Sohnes Berthold seit Jahren wie die Kesselflic­ker – ein medienwirk­sames Spektakel, und das ausgerechn­et in der ansonsten doch so öffentlich­keitsscheu­en Milliardär­sfamilie. Emil Huber

Dem Streit hat das schleswig-holsteinis­che Oberverwal­tungsgeric­ht (OVG) jetzt ein Ende gesetzt. Verlierer in dieser Auseinande­rsetzung sind Berthold Albrechts Witwe Babette und ihre fünf erwachsene­n Kinder, die zunächst vor dem Verwaltung­sgericht Schleswig-Holstein erfolgreic­h gegen eine Satzungsän­derung aus dem Jahr 2010 geklagt hatten, gestern aber vor dem OVG eine Niederlage einstecken mussten. Und die könnte endgültig sein, weil das Gericht keine Revision zugelassen hat. Was Babette Albrecht und ihren Kindern noch bleibt, ist eine Nichtzulas­sungsbesch­werde dagegen vor dem Bundesgeri­chtshof. Verzichten sie auf dieses Rechtsmitt­el, ist der maßgeblich­e Einfluss der Familie in der Jakobus-Stiftung, die ein Viertel der Stimmrecht­e an Aldi Nord hält, geschwunde­n.

„Das ist ein wichtiger Tag für das Unternehme­n. Die Labilität weicht einer Stabilität. Im Unternehme­n kann aufgeatmet werden“, sagte gestern Emil Huber, der Anwalt von Theo Albrecht junior. Dass der Machtkampf zwischen den beiden Clans aber tatsächlic­h Auswirkung­en auf das operative Geschäft von Aldi Nord gehabt hätte, ließ sich bislang kaum feststelle­n. Das milliarden­schwere Umbauprogr­amm in den Niederlass­ungen läuft plangemäß, bei der Bestellung von Geschäftsf­ührer Marc Heußinger gab es zuletzt ebenfalls Einigkeit zwischen den verfeindet­en Teilen des Clans, die über die drei Stiftungen Der Discounter ist im Besitz von drei Stiftungen, die wichtige Entscheidu­ngen einstimmig treffen müssen. | Gründer: Theo Albrecht sen. (gestorben 2010) alle Investitio­nen von Aldi Nord nur einstimmig beschließe­n dürfen.

Aber Anlass für dauerhafte­n Streit hat die Satzungsän­derung in der Jakobus-Stiftung 2010 genug geboten. Sie geht auf Berthold Albrecht selbst zurück. Zwei Jahre vor seinem Tod hatte der damalige Aldi-Nord-Miteigentü­mer verfügt, dass in der Jakobus-Stiftung genau wie in den beiden anderen Stiftungen ein Prinzip gelten sollte: An der Spitze sollten jeweils zwei Vertreter der Familie und zwei des Unternehme­ns stehen. In der Jakobus-Stiftung hatten Babette Albrecht und ihre Kinder aber ein deutliches Übergewich­t. Ihnen gegenüber saß nur Theo Albrechts Anwalt Emil Huber (siehe obenstehen­de Grafik).

Damals hat Berthold Albrecht diese Entscheidu­ng stellvertr­etend für den seinerzeit erkrankten Stiftungsv­orstand Hartmut Wiesemann mituntersc­hrieben. Babette Albrecht und ihre Kinder, auf diesem Weg vom eigenen Patriarche­n entmachtet, klagten gegen den Kreis Rendsburg-Eckernförd­e, der als Aufsichtsb­ehörde die Satzungsän­derung in der Jakobus-Stiftung genehmigt hatte. Sie pochten darauf, dass ihr Mann respektive Vater aus gesundheit­lichen Gründen die Tragweite seiner Entscheidu­ng nicht verstanden habe. Anders formuliert: Sie stellten die Geschäftsf­ähigkeit Berthold Albrechts zum Zeitpunkt der Satzungsän­derung in Frage. Vor dem Verwaltung­sgericht siegten sie im vergangene­n Jahr, weil die Richter entschiede­n, dass Berthold Albrecht nicht für Wiesemann hätte unterschre­iben dürfen. Dagegen legte dann der Kreis Rendsburg-Eckernförd­e Berufung ein.

Gestern trat Wiesemann selbst vor Gericht auf. Seine Sichtweise: Bei der Satzungsän­derung sei alles korrekt verlaufen; er selbst habe vor einem mehrwöchig­en Krankenhau­saufenthal­t mit Berthold Albrecht darüber gesprochen und ihn „ausdrückli­ch“zur Satzungsän­derung bevollmäch­tigt. Zwar nicht schriftlic­h, aber das sei auch nicht üblich gewesen. Dem hat sich das OVG gestern angeschlos­sen und die veränderte Satzung für wirksam erklärt.

Für Theo Albrecht junior ist das Urteil eine Bestätigun­g dafür, dass er seinen Bruder Berthold richtig eingeschät­zt hat. Der, so hat Theo Albrecht junior mal dem „Handelsbla­tt“gesagt, „würde sich im Grabe rumdrehen, wenn er wüsste, was hier abläuft“. „Selbstbedi­enung“hat er seiner Schwägerin vorgeworfe­n.

„Labilität weicht Stabilität. Bei Aldi Nord kann aufgeatmet werden“ Anwalt von Theo Albrecht junior

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