Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Der Thunfisch-König von Düsseldorf
Akio Ando war Friedensaktivist und Bergmann. Und er brachte die Deutschen auf den Geschmack von rohem Fisch mit saurem Reis.
Doch, es gibt Momente, in denen Akio Ando lächelt, wenn er hinter der Kühltheke seines Restaurants steht und die Gäste bedient. Das passiert meistens im Zusammenhang mit einer Bestellung Sushi vom Bauchfleisch des Thunfischs. Das ist zwar ein wenig teurer als etwa Filet oder Steak, aber wer es bei Herrn Ando bestellt, gibt sich schließlich als Liebhaber zu erkennen, der sich ein bisschen mit der japanischen Küche beschäftigt hat. Herr Ando lächelt.
Manchmal rät er seinen Gästen auch zu jenem oder einem anderen Stück Sushi, denn Herr Ando sieht es als seine Aufgabe an, den Menschen seine Kultur nahe zu bringen. Immer noch. Er ist inzwischen 74 Jahre alt, stets tadellos gekleidet mit Krawatte, die im Revers des Hemdes verschwindet, wenn er bedient. Herr Ando spricht bis heute wenig Deutsch, kommt aber von Dienstag bis Samstag ins Restaurant, obwohl er es natürlich nicht mehr müsste wie sein Sohn Takamasa Ando sagt.
1965 arbeitete Herr Ando als Landschaftsgärtner in Mikasa auf der Insel Hokaido, sein Vater war schwer krank, und er musste gemeinsam mit seiner Mutter und einer älteren Schwester für den Lebensunterhalt der siebenköpfigen Familie sorgen. Doch die Andos waren auch Teil einer buddhistischen Laienorganisation, die sich für den Frieden in der Welt einsetzen wollte, indem sie den Buddhismus verbreitet. Tausende Mitglieder brachen von Japan in die Welt auf.
Herr Ando wollte nach Deutschland, und seine Mutter ließ ihn gehen. Er bestieg in Yokohama ein Schiff, dass an der sibirischen Küste halt machte, von dort fuhr er mit der Bahn nach Moskau, dann stieg er in den Flieger nach Deutschland. Die Reise dauerte acht Tage, Herr Ando bekam ein kleines Zimmer in Duis- burg, nahe der Zeche, in der er von nun an als Bergmann arbeiten sollte. Herr Ando fing wirklich ganz unten an: 1000 Meter tief, bei 30 Grad Lufttemperatur, mit einem Presslufthammer in der Hand, der solche Schwielen machte, dass er nach kurzer Zeit seine Finger wegen der Hornhaut nicht mehr strecken konnte. Es war kein einfaches Leben, doch Herr Ando fand nach Fei- erabend noch Zeit, in der Laienorganisation mitzuarbeiten. Dort, bei einem der Treffen, traf er seine spätere Frau, Kimiko. Herr Ando wäre wohl Bergmann geblieben, hätte es nicht vier Jahre nach seiner Ankunft einen Zwischenfall in der Zeche gegeben. Drei Kumpel von Herrn Ando wurden von herabfallendem Gestein begraben, als sie die Stempel, die die Decke tragen sollten, verschoben. Seitdem hatte Herr Ando Angst unter Tage, zumal der erste seiner drei Söhne unterwegs war. Herr Ando suchte etwas anderes, weniger gefährliches. Er wurde Lagerverwalter eines Unternehmens, dass japanische Lebensmittel importierte. Das Unternehmen gibt es inzwischen nicht mehr, doch Herr Ando ist immer noch dankbar, wenn er an die Zeit dort zurückdenkt. Es lag nahe, sich irgendwann selbstständig zu machen, indem er die japanische Gemeinde in Düsseldorf belieferte. Mehr als 10 Jahre dauerte es, bis Herr Ando das Kapital hatte, um sein Unternehmen Maruyasu zu gründen: ein kleines Lager, eine Küche, ein Lieferwagen. Mehr nicht. Sie kochten japanische Gerichte aus deutschem Gemüse, was nicht immer einfach war, doch es kam bei seinen Düsseldorfer Landleuten an. Ando und seine Frau kochten morgens und lieferten bis in die Nacht. Und sie zogen drei Söhne groß, wobei Herr Ando zwar streng war, wie sein Sohn sagt, aber eher selten anwesend.
Drei Jahre später vergrößerte sich der Betrieb, zog auf die Bismarckstraße, noch ein paar Jahre später schließlich eröffnete Herr Ando sein erstes Restaurants in den Schadow Arkaden, das sich diesmal auch an deutsche Kunden richtete. Es war ein großes Wagnis, denn Sushi waren damals noch neu.
So lief es am Anfang auch schlecht für Herrn Ando, immer wieder dachte er sich neue Rezepturen aus, führte seine Kundschaft langsam an die japanische Küche heran, bot etwa Sushi mit gegartem Fisch an, mehr als 85 Varianten. Und irgendwann lief es dann doch. Immer besser. Schließlich sehr gut. Inzwischen betreibt die Familie Restaurants an 12 Standorten im Raum Düsseldorf und in Frankfurt, Herr Ando hat es geschafft, könnte man sagen. Natürlich ist er stolz, auch wenn er das nicht zugeben würde. Stattdessen lächelt er leise.