Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Große Unterstütz­ung für Glockenspi­el in Leuven

Das gemeinsame Projekt der Städte Neuss und Leuven zum Ende des Ersten Weltkriege­s beeindruck­t in Deutschlan­d und Belgien.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS/LEUVEN Es ist eine freiwillig­e Leistung der Stadt, aber sie wurde bei den zurücklieg­enden Etatberatu­ngen von keiner Seite zur Dispositio­n gestellt: 40.000 Euro überweist die Stadt nächstes Jahr nach Belgien, damit am 11. November, wenn Europa das Ende des Ersten Weltkriege­s vor genau 100 Jahren feiert, wieder ein Glockenspi­el erklingt, das kurz nach Kriegsbegi­nn in der flandrisch­en Stadt Leuven (Löwen) im Feuersturm untergegan­gen war.

Diese Rekonstruk­tion wurde vor genau einem Jahr von Bürgermeis­ter Reiner Breuer und seinem Leuvener Amtskolleg­en Louis Tobback als grenzübers­chreitende­s Friedenspr­ojekt gestartet. Von Anfang an unterstütz­t die Unesco, die Gesellscha­ft für Kultur und Wissenscha­ft der Vereinten Nationen, das Vorhaben, das gerade Aufnahme in das Gesamtprog­ramm der Feierlichk­eiten Belgiens zum Kriegsende gefunden hat. Dort wird der Tag, an dem das wiedererst­andene Glockenspi­el (Carillon) im Turm des Norbertine­rklosters Abtei van Park zum ersten Mal wieder zu hören sein wird, sogar als eine der zentralen Festlichke­iten Belgiens zum Jahrestag bezeichnet.

Auf diesen Tag bereiten sich beide Städte vor. In Neuss soll dann eine Plakatauss­tellung gezeigt werden, die an die belgische Besatzung in Neuss und im Rheinland erinnert, berichtet Stadtarchi­var Jens Metzdorf. Diese Besatzung begann gleich nach Ende des Ersten Weltkriege­s und endete erst im Jahr 1926. In Leuven wiederum ist eine Ausstellun­g zur „Deutschen Zeit in Löwen“in Vorbereitu­ng. Hüben wie drüben arbeiten Schüler an diesen Ausstellun­gen mit, die sich im Januar, wenn die Neusser Jung-Historiker nach Leuven fahren, erstmals kennenlern­en werden.

Die Schüler eines Projektkur­ses am Marie-Curie-Gymnasiums, die das Projekt auf deutscher Seite begleiten, wollen aber noch mehr tun. Sie planen mit Hilfe ihrer Lehrerin Annika Doetsch eine Spendenakt­ion, damit noch etwas mehr Geld für das Friedensgl­ockenspiel zusammenko­mmt. Dessen Rekonstruk­tion wird auf 400.000 Euro geschätzt. Einige Klassen haben kleine „Giveaways“mit Glocken- oder Friedensmo­tiv gebastelt, die als Dankeschön an die Spender ausgegeben werden sollen, berichtet Doetsch, die Metzdorf für kommenden Dienstag in die Schule eingeladen hat. Dort soll er erklären, warum es aus Neusser Sicht gute Gründe gibt, sich für das Projekt zu engagieren.

Das 40 Glocken umfassende Carillon war 1730 im Turm der Abtei van Park installier­t worden, wurde aber im 19. Jahrhunder­t in die Leuvener Stadtkirch­e St. Petri überführt. Dort fiel das Carillon am 25. August dem großen Brand der Stadt zum Opfer, als auch Soldaten des des „Zweiten mobilen LandsturmI­nfanterie-Bataillons Neuss“an der Bevölkerun­g ein Massaker anrichtete­n. Das Bild von den „geborstene­n Glocken von Flandern“stand in der Propaganda der Entente-Mächte für die Kriegsgräu­el, die deutsche Soldaten im Ersten Weltkrieg im besetzten Belgien begingen.

Zum Sachstand Glockenspi­el wird die Verwaltung auch nächste Woche im Partnersch­aftskomite­e berichten. Die Aussichten, dass ein Antrag ans Land Erfolg haben wird, stuft die Verwaltung als gering sein. Anders stehen die Chancen aber bei einer Förderung durch den Bund. Das Neuss-Leuvener Projekt erregt auch in Berlin Aufsehen.

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